Hinweis auf geplante Befreiung der ELN-Gefangenen

Anwohner beobachten Truppenbewegungen von Armee und Paramilitärs. Auswärtiges Amt bildet Krisenstab. Zwei Deutsche unter Entführten

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ELN-Kämpfer mit Vetretern des Internationalen Roten Kreuzes
ELN-Kämpfer mit Vetretern des Internationalen Roten Kreuzes bei der Übergabe von Gefangenen im vergangenen August

Berlin/Bogotá. Die Bundesregierung versucht nach eigenen Angaben, zwei in Kolumbien von der linksgerichteten Guerilla-Organisation ELN entführte Deutsche freizubekommen. Außenminister Guido Westerwelle hat dazu einen Krisenstab einberufen. Derzeit müsse man davon ausgehen, "dass zwei deutsche Staatsangehörige in Kolumbien gegen ihren Willen festgehalten werden", sagte eine Ministeriumssprecherin gegenüber amerika21.de. Das Auswärtige Amt und der Krisenstab seien um Aufklärung des Falls bemüht und stehen mit allen relevanten Stellen in Verbindung, sagte die Sprecherin weiter.

Kolumbiens Staatschef Juan Manuel Santos forderte indes die sofortige Freilassung der beiden Deutschen. Die Rebellenorganisation sei für das Leben der beiden Gefangenen verantwortlich, die Armee kenne den Aufenthaltsort der Rebelleneinheit und der Entführten.

Die Darstellung deckt sich mit Beobachtungen von Anwohnern, die auf eine womöglich geplante militärische Befreiungsaktion schließen lassen. Auf der kolumbianischen Nachrichtenseite redcolombia.org heißt es: "Am 26.01.2013 haben wir von Bewohnern aus Guamocó, Gemeinde Santa Rosa del Sur, Verwaltungsbezirk Bolívar die Informationen erhalten, dass sich Truppen des Militärs – ohne Kennzeichnung der Einheit – sowie regionale Paramilitärs (...) in Richtung des Dorfes Marisosa (Guamocó) bewegen." Dies geschehe vermutlich im Rahmen der Militäroperationen zur Befreiung der Gefangenen der ELN. Anwohner hätten Gespräche der militärischen und paramilitärischen Truppen mitgehört, nach denen diese Einheiten den Ort der Entführten identifizieren sollen.

Nach Darstellung des Auswärtigen Amtes handelt es sich bei den beiden deutschen Staatsangehörigen um Rentner, "die als Touristen in der Region unterwegs waren". Die zweitgrößte Guerilla-Gruppe des südamerikanischen Landes nach den FARC hatte in einer Stellungnahme erklärt, dass sie die Männer als Geheimagenten betrachtet, weil sie ihren Aufenthalt in der Gegend nicht hätten erklären können.

Gegenüber amerika21.de erklärte indes ein Deutscher, der in Cuenca, Ecuador, lebt, einen der Entführten getroffen zu haben. "Ich habe mich Anfang August 2011 während meines Heimaturlaubes in Deutschland beinahe zwei Stunden mit einem der beiden Entführten, Günther B., über die geplante Reise unterhalten“, sagte der Mann gegenüber amerika21.de. Die beiden Brüder hätten damals eine Reise durch Süd- und Nordamerika geplant. Uwe B. habe in Feuerland mit seiner Reise begonnen, Günther B. sei Ende August in Quito zu seinem Bruder gestoßen. Beide hätten abseits von Touristen- und Ballungszentren Land und Menschen kennenlernen wollen. Günther B. habe geplant, seinen Bruder bis Weihnachten 2012 zu begleiten. Uwe B. wollte bis Ostern 2013 weiter bis Alaska fahren. "Laut Auskunft von einem Freund hatten sich die beiden zuletzt Anfang November 2012 aus dem Grenzgebiet zwischen Kolumbien und Venezuela gemeldet", sagte der Mann. Beide hätten schon oft 'Abenteuerreisen' abseits des Touristenrummels unternommen: "Es sind also beide keine blutigen Anfänger, was solche Reisen betrifft. Ihnen ist und war beiden bewusst, welches Risiko sie eingehen: No risk – no fun!"

Die ELN hatte am 18. Januar neben den Deutschen einen Kanadier, zwei Peruaner und zwei Kolumbianer festgenommen, die für ein Bergbauunternehmen im nordkolumbianischen Verwaltungsbezirk Bolívar tätig waren. Die Rebellen erklärten, sie handelten "in Verteidigung der Ressourcen" Kolumbiens. Die Bergbauprojekte führen immer wieder zu schweren sozialen Konflikten in dem südamerikanischen Land.