Protest gegen evangelikalen Kongress-Abgeordneten

Neuer Vorsitzender der Menschenrechtskommission fällt durch Vorurteile und rassistische Äußerungen auf. Soziale Bewegungen laufen dagegen Sturm

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"Weg mit Feliciano". Proteste auch vor dem Brandenburger Tor in Berlin gegen den neuen Vorsitzenden der Menschenrechtskommission im brasilianischen Kongress
"Weg mit Feliciano". Proteste auch vor dem Brandenburger Tor in Berlin gegen den neuen Vorsitzenden der Menschenrechtskommission im brasilianischen Kongress

Brasília. Die Wahl des evangelikalen Pastors und Abgeordneten Marco Feliciano zum neuen Vorsitzenden der Kommission für Menschenrechte und Minderheiten im brasilianischen Kongress erregt die Gemüter in dem südamerikanischen Land. Felicianos Wahl wird parteiübergreifend kritisiert, mehrere Abgeordnete haben mit Transparenten gegen seine Wahl protestiert und im Kongress kam es zu Tumulten. Abgeordnete anderer Parteien erwägen, seine Wahl zum Kommissionspräsidenten anzufechten. Von den zuvor 19 Mitarbeitern der Kommission sind derweil nur noch zwei übrig: die eine Hälfte wurde versetzt, die andere Hälfte hat aus Protest gegen den Pastor um Versetzung gebeten.

Felicianos Äußerungen strotzen vor Vorurteilen: "Die Afrikaner stammen von einem Ahnen ab, der von Noah verflucht wurde". Die Folge dieses angeblichen Bannes seien Elend, Krankheiten, Hunger und Heidentum. Feminismus führe zu einer "Verschwulung" der Gesellschaft. Die Lesben-Schwulen-Bisexuellen- und Trans-Bewegung (LGBT) wolle eine "schwule Diktatur" in Brasilien errichten, sagte Pastor Feliciano.

Vor allem über soziale Netzwerke riefen Menschenrechtsorganisationen, LGBT-Gruppen und Frauenorganisationen daraufhin zum Protest gegen Feliciano auf. Amnesty international forderte öffentlich seinen Rücktritt. Auch im Ausland, in Argentinien, den USA und in mehreren europäischen Städten kam es zu Kundgebungen gegen die homophoben, rassistischen und frauenfeindlichen Äußerungen des Pastors.

Die Wahl des umstrittenen Klerikalen ist auch eine Folge des Desinteresses der übrigen Parteien an der Menschenrechtsarbeit. Weder die Arbeiterpartei (PT) noch die konservative PMDB hatten sich für die Menschenrechtskommission interessiert. Die PT hatte sich dieses Jahr für die Kommissionen Soziale Sicherung und Familie, für die Rechtskommission und die für Außenpolitik zuständige Kommission im Kongress entschieden.

Hinzu kommt, dass 14 der 18 Mitglieder der neuen Menschenrechtskommission von Anhängern der extremistischen Pfingstbewegung besetzt sind. Acht von ihnen kommen von der Partei Felicianos, der PSC. Dazu kam es, weil die PMDB der PSC vier ihrer Sitze zur Verfügung stellte. Deren Parteichef, Eduardo Cunha, ist selbst evangelikal und Verfasser eines Gesetzesvorhabens gegen "Heterophobie". Die oppositionelle, rechtssozialdemokratische PSDB verzichtete auf zwei ihrer Sitze, die rechte "Fortschrittspartei" PP und die rechtssozialdemokratische PDT verzichteten auf je einen Sitz. So fielen der PSC insgesamt acht Plätze in der Kommission zu – einschließlich des Vorsitzes.

Auch in Berlin versammelten sich etwa 80 Personen vor dem Brandenburger Tor mit Spruchbändern und warfen dem Pastor Rassismus und Homophobie vor. "Der religiöse Fundamentalismus in Brasilien ist auf dem Vormarsch", konstatierte in Berlin Pedro Costa, Sozialwissenschaftler und Queer-Performer, "Und der geht Hand in Hand mit einer extremen Rechten". Marco Felicianos Äußerungen seien eben nicht harmlos, da sie Rassismus, Homophobie und Frauenfeindlichkeit predigen – und das oft direkt Gewalt befördere, so Costa.