Venezuela / Politik

Venezuela: Hauchdünner Vorsprung für Maduro

Amtierender Übergangspräsident der sozialistischen Partei knapp im Amt bestätigt. Opposition knüpft Anerkennung des Ergebnisses an Neuauszählung

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Aus der Wahlkampagne von Nicolás Maduro
Aus der Wahlkampagne von Nicolás Maduro

Caracas. Der Nationale Wahlrat (CNE) von Venezuela hat am Sonntag um 23:20 (Ortszeit) den amtierenden Präsidenten Nicolás Maduro zum Wahlsieger erklärt. Das vorläufige Endergebnis fiel mit einem Vorsprung von nicht einmal zwei Prozentpunkten überraschend knapp aus. Nach Zahlen des CNE beträgt der Unterschied zwischen den Kandidaten gerade einmal 230.000 Stimmen. Für Nicolás Maduro stimmten mit 7.505.338 Venezolanern 50,66 Prozent der Wähler. Während die Opposition gegenüber den Präsidentschaftswahlen vor einem halben Jahr 600.000 Stimmen hinzugewinnen konnte und damit auf einen Anteil von 49,07 Prozent der abgegebenen Stimmen kam, verlor der Große Patriotische Pol (GPP) die gleiche Anzahl an Wählern. Die Wahlbeteiligung ist mit 78 Prozent leicht gesunken.

Vor der Präsentation der Ergebnisse betonte die leitende Direktorin des Wahlrates, Tibisy Lucena, das Ergebnis beruhe auf 99 Prozent der abgegebenen Stimmen und sei "unumkehrbar". Da das Resultat derartig knapp ausfiel, sei es jedoch notwendig gewesen, vor der Bekanntgabe ausführlich mit beiden Kandidaten zu sprechen. Tatsächlich hatte sich der Auftritt der fünf leitenden Direktoren des Wahlrates um zwei Stunden verzögert. Während Wahlbeobachter und internationale Presse im Zelt des Wahlrates auf das vorläufige Endergebnis warteten, kursierten über E-Mails und SMS immer neue Zahlen, die von Stunde zu Stunde knapper ausfielen. Am Nachmittag waren noch alle Beobachter davon ausgegangen, dass Nicolás Maduro einen Vorsprung von etwa zehn Prozent erreichen wird.

Der als Oppositioneller bekannte Direktor des Wahlrates, Vicente Díaz, erkannte das Ergebnis an. Allerdings forderte er, dass sämtliche Wahlzettel neu ausgezählt werden. Die Abstimmung findet in Venezuela sowohl mit digitalen Wahlmaschinen als auch mit Wahlzetteln statt. In allen Wahlbüros werden mehr als 54 Prozent der Stimmen öffentlich und per Hand ausgezählt und mit dem digitalen Ergebnis verglichen, bevor die Ergebnisse über Telefonleitungen der staatlichen Gesellschaft CANTV an den Nationalen Wahlrat übertragen werden. Auch die großen privaten Tageszeitungen Venezuelas, welche die Opposition unterstützen, behandelten Nicolás Maduro auf ihren Titelseiten als Wahlsieger. Dennoch knüpfte der unterlegene Kandidat Henrique Capriles eine Anerkennung des Ergebnisses an eine vollständige Neuauszählung der Stimmen.

Seit dem Nachmittag war es in Venezuela zu schweren Hackerangriffen auf die Websites der Regierungsparteien, des Nationalen Wahlrats sowie die Infrastruktur des staatlichen Telekommunikationsunternehmens CANTV gekommen. Zunächst hieß es, dass nur die Twitter-Accounts führender PSUV-Politiker betroffen seien. Als auch der Wahlrat und die Telefongesellschaft zum Ziel von Angriffen wurden, schalteten die venezolanischen Behörden Teile der Internet-Infrastruktur ab.

Normalerweise soll Nicolás Maduro sein Amt bereits am kommenden Donnerstag antreten. Angesichts der allgemeinen Überraschung über das Ergebnis und der technischen Zwischenfälle, ist jedoch davon auszugehen, dass das Regierungslager erst im Laufe des heutigen Tages den weiteren Umgang bekannt geben wird. Bei seiner Ansprache vom Balkon des Präsidentenpalastes vor Tausenden seiner Anhänger sagte Nicolás Maduro, der Wahlsieg sei gerecht und entspreche den Gesetzen und der Verfassung. Vor einer Überprüfung habe er keine Angst. Das Volk habe bereits entschieden.