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Kritik an Venezuela-Berichterstattung der New York Times

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Ein Mitunterzeichner des Briefes ist Noam Chomsky, hier mit Hugo Chávez im Präsidentenpalast Miraflores im August 2009
Ein Mitunterzeichner des Briefes ist Noam Chomsky, hier mit Hugo Chávez im Präsidentenpalast Miraflores im August 2009

New York. Rund 20 US-amerikanische Lateinamerika- und Medienexperten haben sich mit einem Brief an die Herausgeberin der Tageszeitung New York Times (NYT), Margaret Sullivan, gewandt. Darin kritisieren sie die einseitige Berichterstattung gegen Venezuela. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem der Professor für Lingustik und Autor Noam Chomsky sowie der Filmemacher Oliver Stone.

Anlass des Briefes ist eine Kolumne der Herausgeberin der NYT im vergangenen April, in der Sullivan schrieb: "Obwohl einzelne Worte und Sätze wegen ihres täglich produzierten Stromes nicht viel bedeuten, ist die Sprache wichtig. Wenn die Nachrichtenorganisationen die Sprache der Regierung akzeptieren, scheinen sie das Denken der Regierung zu akzeptieren. In der Times haben diese Entscheidungen noch mehr Gewicht."

Angesichts dieses Kommentars bitten die Unterzeichner Sullivan, die Charakterisierung von Venezuelas früherem Präsidenten Hugo Chávez und die von Roberto Micheletti und Porfirio Lobo in Honduras in der Berichterstattung der NYT zu vergleichen. Dabei werde deutlich, "wie eng diese den Positionen der US-Regierung zur Regierung von Honduras (die sie unterstützt) und der Regierung von Venezuela (die sie ablehnt) folgt – genau das Syndrom, das sie beschreiben und vor dem sie in ihrer Kolumne warnen."

Sie weisen nach, dass die NYT in den vergangenen vier Jahren in Übereinstimmung mit der Sprachregelung der US-Regierung "Chávez als 'Autokrat', 'Despot', 'autoritären Regierungschef' und 'Caudillo' in ihrer Nachrichtenberichterstattungen bezeichnet hat". Außerdem habe die Zeitung mindestens 15 Kommentare veröffentlicht, in denen Chávez als "Diktator" oder "harter Mann" beschrieben wird.

Ganz anders die Berichterstattung der NYT zu Honduras ab 2009, dem Jahr, in dem der damalige Präsident Manuel Zelaya durch einen Staatsstreich gestürzt wurde und Roberto Micheletti seinen Platz einnahm. Unter dessen Mandat wurde dann Profirio Lobo zum Präsidenten gewählt. "Kein Mitarbeiter der Times hat diese Begriffe benutzt, um sich auf Micheletti zu beziehen, der nach der Absetzung Zelayas ein Putschisten-Regime anführte, noch um sich auf Porfirio Lobo zu beziehen, der ihm nachfolgte. Im Gegenteil, die Zeitung hat sie in ihrer Berichterstattung als 'interim', 'De-facto' oder 'neu' beschrieben." Die Autoren erinnern daran, dass Lobo durch Wahlen an die Macht kam, "die von Repression und Zensur gekennzeichnet waren". Darüber hinaus "haben Militär- und Polizeikräfte seit dem Putsch routinemäßig Zivilisten ermordet".

Ein vergleichbares Vorgehen der Ordnungskräfte habe es in Venezuela seit 1999 nicht gegeben. Darüber hinaus seien in den vergangenen 14 Jahren 16 Wahlen oder Referenden durchgeführt worden, die auf weltweiter Ebene eine breite Anerkennung erfahren hätten, heißt es in dem Brief weiter.

Die New York Times gilt als linksliberal und ist laut Wikipedia "die Zeitung mit den meisten Pulitzer-Preisen (106) und den meisten Online-Lesern (über 30 Millionen Besucher pro Monat, Daten von 2010) in den USA".