Kolumbien / Politik

FARC ziehen positive Bilanz der Friedensgespräche

Fortschritte bei der Landfrage. Breite Beteiligung von Basisorganisationen an den Foren. Zusammenstöße zwischen FARC und Armee gehen weiter

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Iván Márquez, Sprecher der Friedensdelegation der FARC, am Sonntag in Havanna
Iván Márquez, Sprecher der Friedensdelegation der FARC, am Sonntag in Havanna

Havanna. Iván Márquez, Sprecher der Delegation der kolumbianischen FARC-Guerilla, hat am Sonntag den bisherigen Verlauf der Gespräche mit der Regierung von Präsident Juan Manuel Santos als positiv bezeichnet. Die Friedensverhandlungen haben vor sechs Monaten in der kubanischen Hauptstadt begonnen, um den seit fast 50 Jahren andauernden bewaffneten Konflikt zu beenden.

Grundsätzlich seien die Verhandlungsführer der FARC zufrieden, sagte  Márquez. Zugleich äußerte er jedoch Unverständnis für die Kritik aus Kreisen der Regierungsdelegation, die Gespräche gingen zu langsam voran. Mit ihren Vorschlägen bei den Friedensverhandlungen trete die Guerilla für die Interessen des Volkes und die Erfüllung von Verfassungsnormen ein. "Diese Themen müssen wir mit Ruhe und Tiefe behandeln, wenn wir wirklich ein solides Fundament für den Aufbau eines stabilen und dauerhaften Friedens schaffen wollen", sagte er. Die FARC-Delegation erwarte nun den Abschlussbericht des Forums über Politische Partizipation, das vor zwei Wochen in Bogotá abgehalten wurde. Man werde die darin enthaltenen Vorschläge und Anregungen in die Gespräche mit der Regierung einbringen.

Seit Beginn der Friedensverhandlungen haben soziale und politische Basisorganisationen sowie die FARC selbst immer wieder auf eine direkte Beteiligung der Bevölkerung an den Gesprächen gedrängt. Während die Regierung dies zunächst strikt zurückwies, wurde schließlich eine Einigung über die Abhaltung von Foren erzielt, in denen mit breiter Beteiligung diskutiert und Vorschläge ausgearbeitet werden, die in die Friedensgespräche einbezogen werden. Ab Dezember vergangenen Jahres wurden Foren zur Landfrage in der Hauptstadt Bogotá und in den verschiedenen Regionen des Landes durchgeführt, Anfang Mai zur politischen Partizipation. Weitere Foren zu den Themen der zwischen Regierung und FARC vereinbarten Gesprächsagenda sind in Vorbereitung. Zusätzlich wurde eine Internetseite eingerichtet, an die Beiträge und Vorschläge gesendet werden können.

Márquez versicherte, dass Fortschritte beim ersten Punkt auf der Tagesordnung, der Landfrage, erreicht wurden. Details würden im Lauf der Woche in einem gemeinsamen Kommuniqué von Regierung und FARC bekannt gegeben. Zugleich kritisierte er die Äußerungen von Präsident Santos, der die über 100 von den FARC eingebrachten Vorschläge als "Einkaufsliste" bezeichnet und gesagt hatte, diese lägen außerhalb der vereinbarten Gesprächsagenda. Die neoliberale Politik verbreite Elend und Ungleichheit im Land und müsse daher in jedem ihrer Aspekte diskutiert werden, erwiderte Márquez. In diesem Zusammenhang wies er auch die von der Regierung veröffentlichte Statistik zurück, nach der die Zahl der Armen von 30 auf 20 Millionen Menschen gesunken sei – in einer Nation mit 46 Millionen Einwohnern. Diese Statistik basiere auf neoliberalen und technokratischen Messungen, die weder den Index für menschliche Entwicklung berücksichtigt, noch "die Existenz einer humanitären Krise, die durch den Staatsterrorismus erzeugt wurde".

Unterdessen gehen die bewaffneten Zusammenstöße in Kolumbien weiter. Die Regierung weigert sich, den von den Rebellen angebotenen bilateralen Waffenstillstand zu akzeptieren. Die am stärksten betroffenen Gemeinden sind im Westen (Chocó, Cauca, Nariño und Putumayo) und Osten des Landes (Catatumbo und Arauca), wo Polizei und Armee Bombardierungen sowie großangelegte Bodenenoperationen durchführen und die Guerilla die Sicherheitskräfte angreift. In den Kämpfen der vergangenen sechs Monate gab es auf beiden Seiten zahlreiche Tote.