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Marihuana-Legalisierung in Uruguay macht Schule

Senat verabschiedet Gesetz zu Anbau und Vertrieb der Droge. Bewegung für Legalisierung feiert, Opposition blockiert. Neue Regelung auch in Venezuela?

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Plakat in Form eines Hanf-Blattes aus der Kampagne zur Legalisierung
Plakat in Form eines Hanf-Blattes aus der Kampagne zur Legalisierung

Montevideo. Mit einer explizit politischen Argumentation haben Abgeordnete der in Uruguay regierenden Linkspartei Frente Amplio am Dienstag ein Gesetz verabschiedet, das den Anbau und Vertrieb von Marihuana unter staatliche Kontrolle stellt. Mit dem Schritt soll der bislang illegalisierte Marihuana-Markt kriminellen Banden entrissen werden. Damit reagiere man auch auf den von den USA forcierten Krieg gegen die Drogen – also der militärischen Bekämpfung des Drogenhandels – dem in den vergangenen Jahrzehnten in Lateinamerika hunderttausende Menschen zum Opfer gefallen sind. Allein in Mexiko sind nach aktuellen Zahlen durch den Krieg gegen die Drogen in den letzten zehn Monaten über 17.000 Menschen ums Leben gekommen.

Dennoch war die neue Strategie der Regierung in Uruguay nicht unumstritten. Nach einer zwölf Stunden währenden Debatte sprachen sich 16 Senatoren der Frente Amplio für das Marihuana-Regulierungsgesetz aus. Insgesamt verfügt der Senat über 29 Sitze. Die konservative Senatsminderheit votierte hingegen geschlossen dagegen. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Associated Press verfolgten rund 150 Aktivisten der Legalisierungskampagne das Abstimmungsergebnis von den Zuschauerrängen des Senats. Vor dem Parlament wurde die Annahme des Gesetzes mit Jubel und Feuerwerk gefeiert. Nach der neuen Regelung kann jeder volljährige Bürger monatlich maximal 40 Gramm Marihuana in Apotheken kaufen oder bis zu sechs Pflanzen zu Hause ziehen.

Im Abgeordnetenhaus war das Vorhaben bereits im August nach einer 13-stündigen Debatte mit 50 von 96 Stimmen angenommen worden. Während drei Viertel der Bevölkerung sich für eine Legalisierung von Marihuana für medizinische Zwecke ausgesprochen hatten und die Akzeptanz für die Regulierung im Zuge der öffentlichen Debatte zunahm, meldeten Ärzteorganisationen Bedenken an. Wenige Tage vor der Abstimmung im Senat hatte die Regierung von Präsident José "Pepe" Mujica daher eine landesweite Anzeigenkampagne gestartet, um vor dem Konsum von Marihuana zu warnen. Bei den Anzeigen und Spots wird unter anderem davor gewarnt, dass der Konsum der Droge "Wahrnehmungsfähigkeit und Sinne beeinträchtigt" und "die Konzentration sowie das Gedächtnis schädigt".

Präsident Mujica betonte indes, dass es nicht um eine Legalisierung der Droge gehe, sondern um den Versuch, die Kontrolle des Staates über Ein- und Ausfuhr, Anbau sowie Konsum zu erlangen. So wie andere Drogen habe auch Marihuana negative Auswirkungen. Der Marihuana-Konsum sei laut Mujica "eine Plage, ebenso wie der Zigarettenkonsum".

Der neue Ansatz bekam auch aus den Medien Rückendeckung. "Lateinamerika ist ein Kontinent, der seit 40 Jahren unter den Auswirkungen eines gnadenlosen Drogenkriegs leidet", schrieb der auf das Thema spezialisierte uruguayische Journalist Guilliermo Garat. Die in Uruguay begonnene Debatte habe daher internationale Bedeutung. "Viele Länder, wie die Vereinigten Staaten, Portugal, die Niederlande und Spanien ermuntern zu einem anderen Umgang mit dem Thema Drogen und gut zwanzig Länder haben den Marihuana-Konsum auf die eine oder andere Weise bereits entkriminalisiert", so Garat in einem Essay, das auf der Homepage der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung dokumentiert wurde.

Uruguay sei insofern ein besonderer Fall, als dass das Thema fester Bestandteil der familiären und öffentlichen Debatten geworden ist, führte Garat aus. Großeltern sprechen mit ihren Enkeln und Jugendliche mit Politikern über das Thema. "Marihuana ist in Uruguay kein Tabu mehr", so Garats Bilanz.

Venezuelas Außenminister Elías Jaua kündigte indes am Mittwoch an, die neue Regelung Uruguays im Umgang mit Marihuana auch für sein Land zu prüfen. Es handele sich um einen "innovativen" Ansatz und eine "bislang einzigartige Erfahrung", die man in Venezuela aufmerksam verfolgen werde. Der Politiker der in Venezuela regierenden sozialistischen Partei, PSUV, äußerte sich jedoch nicht direkt zu der Senatsentscheidung in Montevideo. Dies sei ein souveräner Akt des dortigen Parlaments, so Jaua.