Auswärtiges Amt relativiert Kritik an Venezuela

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Reichstagsgebäude in Berlin: Unterschiedliche Signale zur Venezuela-Frage
Reichstagsgebäude in Berlin: Unterschiedliche Signale zur Venezuela-Frage

Berlin. Entgegen der aggressiven Linie deutscher EU-Diplomaten gegen Venezuela nimmt die Bundesregierung nun doch eine zurückhaltende Position ein. Bei einer mündlichen Unterrichtung vor dem Menschenrechtsausschuss des Bundestags am Mittwoch stellte ein Vertreter des Auswärtigen Amtes die Lage differenziert dar – auch wenn ein Bericht des Pressedienstes des Bundestags die Unterrichtung tendenziell negativ darstelt.

Der Leiter des Referats für Andenstaaten verwies nach Aussagen von Ausschussteilnehmern auf die massive politische Gewalt in dem südamerikanischen Land. So erwähnte der Diplomat, der im Rahmen seiner Mission zuvor auch in Caracas gearbeitet hatte, "zahlreiche Akte der Gewalt von Sicherheitskräften als auch von Demonstranten". Zugleich referierte er Daten aus einem jüngsten Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International zur aktuellen Lage in Venezuela. Dort dauern seit Mitte Februar gewaltsame Proteste oppositioneller Gruppen an, die bislang 39 Todesopfer gefordert haben.

Der Außenamtes-Vertreter erkannte bei der Unterrichtung der Bundestagsabgeordneten im Menschenrechtsausschuss jedoch auch an, dass unter der Regierung des im vergangenen Jahr verstorbenen Präsidenten Hugo Chávez auch eindeutige soziale und wirtschaftliche Erfolge gerade für die ärmeren Bevölkerungsschichten erreicht worden seien. Zugleich ging er davon aus, dass dieser "Kredit" vom Chávez-Nachfolger Nicolás Maduro verspielt worden sei. Der Referatsleiter erwähnte zudem die hohe Zahl von Todesopfern durch Kriminalität, die sich nach offiziellen Angaben auf 12.000 Fälle im Jahr 2013 beliefe, anderen Quellen zufolge aber 24.000 Fälle umfasse. In Bezug auf die aktuellen Proteste sagte er, dass 2.000 Demonstranten festgenommen worden seien, viele von ihnen jedoch nur kurzzeitig. Von den 550 Verletzten, die Amnesty International anführt, gehe die Hälfte nach Präsident Maduros Angaben auf das Konto der Demonstranten, so der Vertreter des Außenamtes. Maduro habe auch einer externen Vermittlung zugestimmt, jedoch fehle dafür noch die Bereitschaft der Opposition.

Der Vertreter der Bündnisgrünen im Menschenrechtsausschuss, Tom Königs, verwies darauf, dass die venezolanische Opposition es nicht vermocht habe, das Armutsproblem zu lösen. Die Vertreterin der Linksfraktion, Annette Groth, bekräftigte, dass die mutmaßlich durch Sicherheitskräfte verschuldeten Todesfälle von der Staatsanwaltschaft untersucht würden. Im Übrigen gebe es in Mexiko oder Kolumbien ebenfalls hohe Mordraten, die ebenso besorgniserregend seien.