Erneut Funktionär in Venezuela ermordet

Zweiter Mord im Umfeld der Regierung binnen einer Woche. US-Organisation greift dennoch Staatsführung an und widerspricht damit Aktivisten aus Venezuela

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Staatsanwaltschaft in Caracas
Staatsanwaltschaft in Caracas

Caracas. In Venezuela ist erneut ein Funktionär aus dem Umfeld des linksgerichteten Präsidenten Nicolás Maduro ermordet worden. Der 29-jährige Armeeleutnant Marco Cortez wurde am Sonntag auf einer Autobahn nahe der Hauptstadt Caracas aus einem vorbeifahrenden Auto offenbar gezielt erschossen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, wollte sich aber bislang nicht zu möglichen Hintergründen des Todes von Cortez äußern, der zum Personenschutz des Präsidenten gehörte.

Erst vor wenigen Tagen war ein ehemaliger Geheimdienstchef ermordet worden. Die Regierung Maduro beklagt eine zunehmend terroristische Bedrohung. Teile der Opposition wählten diesen Weg, nachdem rechtsgerichtete und gewalttätige Proteste in den vergangenen Monaten keinen Systemwechsel herbeiführen konnten, wird von dieser Seite verlautbart.

"Nach den vorliegenden Informationen fuhr Cortez auf der Autobahn Valle-Coche, als offenbar von einem anderen Auto aus das Feuer auf ihn eröffnet wurde", heißt es in einer Erklärung der Staatsanwaltschaft. Der Mann sei wenige Minuten später in ein Krankenhaus eingeliefert worden, konnte jedoch nicht mehr gerettet werden. Seine Ehefrau und ein Bruder, die sich ebenfalls in dem Auto befanden, blieben unverletzt.

Die regierungskritische Tageszeitung El Universal trat der These eines politisch motivierten Mordes umgehend entgegen. Das Auto von Cortez sei "von Tätern attackiert worden, die offenbar versuchten, ihm sein Auto zu rauben", hieß es in einem Autorenbericht ohne Angabe von belastbaren Quellen. Die Aussage wurde von der spanischen Nachrichtenagentur EFE international verbreitet, später aber aus dem Originalartikel entfernt.

Cortez hatte seit sechs Jahren für den Personenschutz des Präsidialamtes in Caracas gearbeitet und gehörte nach Angaben venezolanischer Medien den "Sicherheitskreisen" um den verstorbenen Präsidenten Hugo Chávez (1999-2013) an. Der Mord ereignete sich nur eine Woche, nachdem Eliécer Otaiza ermordet wurde, ein ehemaliger Chef des Geheimdienstes Disip, der 2010 aufgelöst und durch den aktuellen Geheimdienst Sebin ersetzt wurde. Die Regierung macht für Otaizas Mord Terrorgruppen verantwortlich, die von Miami in den USA aus operieren.

Ungeachtet der zunehmenden Gewalt gegen Funktionäre und Anhänger der linksgerichteten Regierung hat die US-amerikanische Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) Venezuelas Sicherheitskräften vorgeworfen, Regierungsgegner zu foltern. HRW konstatierte in dem Bericht "schwere Übergriffe auf Demonstranten und Inhaftierte", ohne auf die Gewalt der Opposition einzugehen. Eine eigene Untersuchung habe ergeben, dass in 45 Fällen gegen Menschenrechte verstoßen worden sei, betroffen gewesen seien rund 150 Menschen. Der Bericht wurden von dem Chef der Amerika-Abteilung von HRW, José Miguel Vivanco, vorgestellt, der seit Jahren zu einem scharfen Gegner der sozialistischen Staatsführung in Venezuela gehört. Unter der Regierung Chávez war Vivanco des Landes verwiesen worden.

Der Bericht von Human Rights Watch steht zugleich in krassem Widerspruch zur Haltung von Menschenrechtsaktivisten aus Venezuela, die sich vor wenigen Wochen in einer ausführlichen Erklärung gegen die Instrumentalisierung der Menschenrechtsfrage zu politischen Zwecken gewandt haben. Amerika21.de hat die Erklärung hier veröffentlicht.