Am Ende entscheidet der Staat

Peru führt das Recht auf indigene Konsultation ein. Volle Mitbestimmung garantiert das Gesetz aber nicht

Perus indigene Völker müssen bei Großprojekten in ihren Gebieten künftig um ihre Meinung befragt werden. Bereits im September hatte Peru die ILO-Konvention 169 zu den Rechten indigener Völker in nationales Recht umgesetzt. Mit der jüngsten Veröffentlichung der Ausführungsbestimmungen von Gesetz Nr. 29785 in der staatlichen Zeitung "El Peruano" Anfang der Woche ist die Konsultations-Norm jetzt offiziell in Kraft getreten. Zuvor hatte das zuständige Kulturministerium einen Entwurf ausgearbeitet, der anschließend vom Ministerrat abgenickt wurde. Nun hat das Vizeministerium für Interkulturalität, zuständige Behörde für Befragungen, 30 Tage Zeit, um eine Liste zu erstellen die festlegt, wer in Peru das Recht auf Konsultation in Anspruch nehmen kann. Auch das Prozedere für die Durchführung und der administrativ-rechtliche Rahmen späterer Umfrage-Ergebnisse wurden festgelegt.

Suche nach Konsens

"Nicht alle Bewohner auf peruanischem Territorium sind der Logik sowie subjektiven und objektiven Kriterien nach indigene Völker", erklärte Umweltminister Manuel Pulgar-Vidal kurz vor Bekanntwerden des Regelwerkes. "Aus diesem Grund wurde für die Ausführungsbestimmungen des Gesetzes nach breitem Konsens gesucht und die Einführung einer Datenbank vereinbart", so Pulgar-Vidal Anfang April. Zur Ausarbeitung der Konsultationsbestimmungen haben die Regierungsfunktionäre mit zahlreichen Vertretern der Zivilgesellschaft und Indigenen-Organisationen "Foren der Partizipation durchgeführt, was zum Regelwerk beigetragen hat", beschreibt Pulgar-Vidal die Arbeit der eigens gegründeten "Multisektoralen Kommission".

"Garantie der kollektiven Rechte"

Auf dem Papier liest sich die Mitbestimmung gut. Das Recht auf Konsultation dient der "Garantie der kollektiven Rechte der indigenen Völker" wie sie die Verfassung festschreibt. In Gebieten, die "direkt von einer rechtlichen oder administrativen Maßnahme betroffen sind wird "in einem Klima gegenseitigen Vertrauens, Zusammenarbeit und Respekts" befragt. Ministerrat, Ministerien, öffentliche Institutionen und Regierungen auf allen Verwaltungsebenen führen die Konsultationen durch. Das Recht auf Konsultation gilt für "ein Volk, das von Besiedlungen abstammt, die das Land seit der Kolonialzeit bewohnen und das, gleich welch juristischen Status es hat, eigene soziale, wirtschaftliche, kulturelle und politische Institutionen bewahrt". Diese Definition schließt bäuerliche Gemeinden, etwa im Andenhochland, explizit mit ein. Die Berechtigten können sich zudem von "repräsentativen Organisationen der indigenen Völker“ vertreten lassen oder von einer Person, die "gemäß der traditionellen Bräuche und Gewohnheiten genannter Völker" gewählt wurde. Eine Konsultation beginnt mit einer Ankündigung durch den Projektträger, Werbung in Medien und vor Ort, einer Informationskampagne über den konkreten Inhalt eines Vorhabens, einer Bewertung durch alle Beteiligten, einer Dialogphase und endet schließlich mit der Unterzeichnung eines Abkommens. Der Konsultationsprozess darf nicht länger als 120 Tage dauern. Ist eine Einigung zwischen Betroffenen und Staat zustande gekommen, so ist das Ergebnis für beide Seiten bindend. Der "Konsultationsvertrag" muss von allen Beteiligten unterschrieben sein, für Analphabeten zählt der Fingerabdruck, und wird in Medien und auf Internetseiten veröffentlicht.

Am Ende entscheidet Lima

"Das Ergebnis des Konsultationsprozesses ist nicht bindend, vorbehaltlich einer vertraglichen Einigung zwischen beiden Seiten". Trotz aller Dialoges und Informationsveranstaltungen, letzte Instanz der Entscheidung über ein Bergbau-Projekt, Bau einer Straße oder Staudammes bleibt somit der Staat. "Kommt eine Einigung nicht zustande, so bestimmt die durchführende Instanz die zur Konsultation gestellte Maßnahme", stellt Artikel 23 der Durchführungsbestimmungen klar. 



Gesetz Nr. 29785 zum Recht auf vorherige Konsultation indigener Völker (PDF)

Ausführungsbestimmungen zur Gesetz Nr. 29785