"Wir sind Paraguayer, die die Demokratie retten wollen"

Die Sicht einer paraguayischen Journalistin auf Lugos Amtsenthebung, die Geschichte dahinter und die Medien

marian-molas-paraguay.jpg

Marian Molas
Marian Molas

Marian Molas ist Journalistin des TV-Kanals Neues Paraguay. Sie war Teilnehmerin der paraguayischen Delegation bei dem Mercosur-Gipfel am 29. Juni in Mendoza, Argentinien. In der Delegation waren außer Berichterstattern auch Vertreter sozialer Organisationen und NAchfahren der Ureinwohner Paraguays vertreten. Wir trafen Molas in Las Heras, in der Nähe von Mendoza. Sie berichtete uns von der Lage in ihrem Land Paraguay nach der Amtsenthebung von Präsident Fernando Lugo und dem Amtsantritt von Federico Franco.

Die junge Frau begann ihre journalistische Ausbildung vor vier Jahren bei einer Modezeitschrift und schrieb anschließend für ein Rennsport-Journal. Seit einem Jahr arbeitet sie beim TV-Kanal Neues Paraguay.

Sie sagt, dass die Amtsenthebung Lugos "ein Putsch und eine parlamentarische Verschwörung war". Molas betont, dass Federico Franco "nicht den freien demokratischen Willen präsentiert" und dass die Medien in ihrem Land "verschleiern, manipulieren und lügen".

Wie beurteilen Sie das, was in Ihrem Land mit dem Präsidenten geschehen ist?

Als Journalistin und paraguayische Bürgerin sage ich, dass das ein Putsch und eine parlamentarische Verschwörung gegen die Regierung von Fernando Lugo war. Auch wenn das Verfahren legal war, ist die neue Regierung unter Federico Frango illegitim, da sie uns nicht repräsentiert. Sie repräsentiert nicht den freien demokratischen Willen des Volkes, der den Wandel im Jahr 2008 eingeleitet hatte.

Welche Rolle spielen die Medien im Zusammenhang mit der Amtsenthebung Fernando Lugos?

Die Medien liegen alle auf einer Linie und schreiben nur im Interesse der kapitalistischen Wirtschaftsbosse. Sie verschleiern, manipulieren und lügen. Sie sagen nicht die Wahrheit. Und wir vom TV Neues Paraguay wollen darauf hinweisen. Wir wollen, dass die Stimme der Bevölkerung von Paraguay gehört wird. Deswegen sind wir heute hierher gekommen. Wir sind Paraguayer, die die Demokratie retten wollen, die Demokratie verteidigen wollen. Es war schwer für uns, die siebzig Jahre andauernde Diktatur der Colorado-Partei zu brechen, in der nichts für das Volk getan wurde. Wir waren dessen überdrüssig. Deswegen haben wir diesen großen Schritt gewagt und den Wechsel im Jahr 2008 vollzogen, in dessen Folge Fernando Lugo zum Präsidenten gewählt wurde. Die Medien manipulieren und verschleiern viele Wahrheiten. Deshalb sind viele Bürger nicht ausreichend darüber informiert, was in unserem Paraguay vor sich geht.

Das betrifft auch den Fall in Curuguaty1, bei dem es viele Tote gab, ein großes Massaker, tote Polizisten, Bauern, viel Leid bei den Familien der Verletzten und Toten. Aber die Medien verschweigen vieles. Das tut mir leid, denn die Paraguayer müssen alles erfahren. Es gibt eine Mafia, Rechte, die im Fall Curuguaty mitgemischt haben. Die Presse hat die Polizisten als Helden und die Bauern als Kriminelle hingestellt. Doch das ist nicht richtig. Hier hatten weder die Bauern, noch die Polizei Schuld. Die Schuld lag bei der Regierung und den Rechten. Weil es Scharfschützen gab. Solche Waffen haben die Bauern nicht. Und das muss ans Licht kommen.

Der argentinische Außenminister Héctor Timerman sagte auf dem Mercosur-Gipfel, dass es 23 Versuche gab, einen politischen Prozess gegen Fernando Lugo anzustrengen.

Die Parlamentarier unseres Landes haben auf jegliche Art versucht, einen politischen Prozess gegen Lugo anzustrengen. Als das mit Curuguaty passierte, schlugen sie zu. Als wir die Abschaffung der geschlossenen Wahllisten gefordert haben, als wir gegen die zusätzlichen 150 Millionen US-Dollar für die "Planilleros"2 in der Wahljustizbehörde protestiert haben, als wir die Amtsenthebung der Richter am Obersten Gerichtshof gefordert haben, gaben sie uns keine Anwort. Aber als das Massaker in Curuguaty geschah, setzten sie ganz schnell das Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten in Gang. Da scheuten sie keine Mühe. Das war ganz klar ein illegitimer Express-Prozess.

Wie geht es den Journalisten nach den Geschehnissen um Lugo?

Journalisten sollen immer objektiv sein, nicht für Lugo, nicht für Franco, aber für die Demokratie. Der Kampf für Redefreiheit und Demokratie war schwer für uns und dauert noch an. Und jetzt kommen diese Putschisten und zensieren den öffentlichen Fernsehkanal. Den Fernsehkanal, der die Stimme des Volkes widergeben soll. Das betrifft und empört uns sehr als Journalisten. Wir stehen hinter unseren Worten, suchen die Wahrheit und bleiben objektiv. Mit dieser Putsch-Regierung, die den öffentlichen Fernsehsender und anderen Medien zensiert, kann man nicht arbeiten. Das ist keine gelebte Demokratie.

  • 1. Als Anlass der Amtsenthebung Fernando Lugos diente ein Massaker bei der Räumung einer Landbesetzung in Curuguaty. Dabei kamen elf Bauern und sechs Polizisten ums Leben.
  • 2. Parteitreue Planstellenbesetzer ohne tatsächliche Tätigkeit