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Alle Jahre wieder, kommt der Korruptionswahrnehmungsindex

Ein wiederholter Hinweis, sich nicht auf die Wahrnehmungen unbekannter Experten zu verlassen

Auch in diesem Jahr veröffentlichte die häufig und gerne zitierte Organisation Transparency International wieder einen Korruptionswahrnehmungsindex (CPI). Von Journalisten wird das Wort "Wahrnehmung" in diesem Zusammenhang gerne gekürzt und von einem "Korruptionsindex" geschrieben.

Eine positive Ausnahme bildete in diesem Jahr das Neue Deutschland, das seine Leserinnen und Leser immerhin darauf hinwies, dass "die Werte die gefühlte Korruption in den untersuchten Ländern abbilden und nicht auf tatsächlichen Korruptionsfällen basieren."

Auch bei amerika21.de beschäftigten wir uns bereits zweimal mit dem Phantasie-Index von Transparency. Bereits im Jahr 2007 schrieb Gregory Wilpert: "Doch eine genauere Untersuchung der Daten zeigt, dass der CPI ein sehr unzuverlässiges Maß für Korruption ist."

Im letzten Jahr empfahl ich an dieser Stelle, den CPI einfach zu ignorieren: "Also im nächsten Jahr einfach weiterblättern..."

Daher beschäftigen wir uns hier auch nicht noch einmal mit dem Thema und auch nicht mit den Gütekriterien von Messverfahren, insbesondere nicht mit ihrer Validität, sondern verweisen auf den Beitrag von Albrecht Müller auf den Nachdenkseiten:

"Erster Grund für Skepsis:

Die Meldungen über das Ranking erwecken mit hoher Wahrscheinlichkeit bei den meisten Menschen den Eindruck, ihre Grundlage seien Messungen und Zählungen von tatsächlichen Korruptionsvorgängen. Es ist aber von Transparency nicht beobachtet und gezählt worden, ob weitere Beamte und Politiker von irgendwelchen Unternehmen bestochen worden sind, um einen Auftrag zu ergattern. Stattdessen sind Experten und andere Menschen befragt worden, wie sie die Entwicklung der Korruption einschätzen. Die Messungen sind also mehr oder weniger der Abklatsch der veröffentlichten Meinung zum Thema. Angesichts des andauernden Einprügelns auf Griechenland ist das Ergebnis nicht erstaunlich.

Zweiter Grund für Skepsis und Missachtung der Transparency-Ergebnisse:

Die politische Korruption wird nicht erhoben.

Wenn das nämlich geschähe, dann würde Deutschland beim Ranking ganz unten stehen – unten heißt: viel Korruption. Bei uns blüht nämlich die politische Korruption, wie man Anfang November wieder daran sehen konnte, dass der Deutsche Bundestag zu Gunsten der Versicherungswirtschaft das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert hat – mit der Folge, dass die Rendite von Lebensversicherungen dahinschmilzt. Siehe hier. Auf den NachDenkSeiten haben wir immer wieder von Fällen der politischen Korruption berichtet. Von Privatisierung, von der Riester-Rente, von der Kommerzialisierung des Fernsehens usw.. Hier zum Beispiel am 16. Juli 2012 um 14:38 Uhr „Wie korrupt geht es bei uns zu? Viel mehr, als viele ahnen.“.

Deshalb ein Rat an Transparency International: Entweder sie messen anders, also nicht nur den Abklatsch der veröffentlichten Meinung, und erweitern den Korruptionsbegriff um die politische Korruption oder sie stellen die Veröffentlichung ihrer Rankings ein."