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Manipulative Kreise

Die Nachrichtenagentur Reuters belebt den Mythos der venezolanischen Diktatur

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Die Überschrift der Reuters-Meldung
Die Überschrift der Reuters-Meldung

Wenn Nachrichtenagenturen Formulierungsschwierigkeiten haben, dann lassen sie gern mal geometrische Formen sprechen. "Kreise" hätten dies oder jenes gesagt, liest man nicht gerade selten. Gemeint ist, dass eine Person zitiert wird, die nicht genannt werden will und - tatsächlich oder angeblich - über exklusive Informationen verfügt. So könnte beispielsweise eine Person aus der Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel oder aus deren Umfeld etwas erzählen, was den Agenturen eine Meldung wert ist.

In diesem Sinne beförderten, glaubt man der Nachrichtenagentur Reuters, "Kreise" in Brasilien zutage, dass sich die Regierung des südamerikanischen Landes zu möglichen Neuwahlen im Falle des Todes von Venezuelas Präsident Hugo Chávez geäußert hat. Die Regierung von Dilma Rousseff dränge auf solche Neuwahlen, heißt es in der Überschrift. Die geneigte Leserin wird sich fragen: Will die venezolanische Regierung auch ohne Neuwahlen weiterregieren, sollte Chávez sterben? Dies würde eindeutig gegen die Verfassung vertoßen, die vorschreibt, dass in diesem Fall binnen 30 Tagen neu gewählt werden muss.

Der Teufel steckt wie immer im Detail. Denn im Text der Meldung liest man dann, dass die brasilianische Regierung auf "schnelle" Neuwahlen dränge. Ob diese nun schnell oder weniger schnell durchgeführt werden ist nun politisches Kalkül - und tatsächlich schienen die Chavisten schlecht beraten, wenn sie den Schwung von zwei deutlich gewonnenen Wahlen nicht mitzunehmen versuchten. Die Frage, ob Neuwahlen überhaupt durchgeführt werden, ist aber eine juristische. Und so nährt Reuters durch eine kleine Auslassung im Titel ein weiteres Mal das absurde Bild einer venezolanischen Diktatur.