Akzeptable Erklärung?

Wir setzen heute unsere kleine Serie mit dem großen Titel "Erklärungen der deutschen Redaktion der Le Monde diplomatique zu Veränderungen und Zensuren" fort.

Bislang liegen zwei Teile vor - dieser und jener. Wir harren voller Neugier weiterer Fälle.

Worum es geht? Seit Jahren wird der deutschen Redaktion der "Le Monde diplomatique", beheimatet bei der grünennahen "taz", vorgeworfen, die französische Originalausgabe zu manipulieren. Sicher, unter Übersetzern kursiert traditionell das geflügelte Wort von "traductor-traidor"; der Übersetzer ist immer ein bisschen Schwindler. Das ließe sich bei denjenigen Beiträgen über Irak oder Afghanistan anführen, die auf dem Weg von der französischen in die deutsche Ausgabe politisch an Schärfe verlieren. Oder wenn dem deutschen Leser vorenthalten wird, dass der Pariser Chefredakteur Ignacio Ramonet der Busch'schen "Achse des Bösen" eine weitere "Achse des Bösen" aus WTO, Weltbank und IWF entgegensetzt. Die Beiträge "in die deutsche Kultur, Rhetorik, Politik und Lesegewohnheit hinüberzutransportieren", heißt das bei der taz-diplo-Redaktion.

Und wenn Beiträge ganz wegfallen? Formell hat die deutsche Redaktion die Möglichkeit dazu, denn die internationalen Ausgaben übernehmen immer nur einen Teil der Beiträge aus der französischen Vorlage. Der Rest wird selbst verfasst.

Was uns hier interessieren soll ist: Nach welchen Kriterien wird gekürzt? Etwa wenn der Leitartikel des Kollegen Ramonet über die mediale Hetzte gegen Venezuela mir nichts dir nichts verschwindet. War er zu französisch? Zu links? Der taz-Linie zu Venezuela gegenüber zu kritisch?

Hier die Erklärung aus der Berliner Redaktion der "Le Monde diplomatique", RAF-gleich in Kleinbuchstaben verfasst.

haben sie vielen dank für ihre mail! zu ihrer frage möchte ich im namen der berliner redaktion von le monde diplomatique folgendes sagen: wir hatten mit dem editorial von ignacio ramonet ein aktualitätsproblem. denn vor dem erscheinen der deutschen ausgabe, aber nachdem ramonet das editorial geschrieben hatte, wurden, wie sie bestimmt wissen, die jüngsten verfassungsänderungen breit debattiert. auf diese geht ramonet gar nicht ein - was wir für unerlässlich gehalten haben. da wir den artikel unseren leserinnen und lesern nicht vorenthalten wollen (jedenfalls denen, die über internet verfügen), werden wir ihn in deutscher übersetzung auf unsere website stellen. wir wollen als deutsche ausgabe einer linken monatszeitung die in venezuela erzielten sozialen fortschritte wahrlich nicht unter den teppich kehren (und planen für unsere septemberausgabe einen ausführlichen beitrag zu dem thema). können sie das als erklärung akzeptieren? mit herzlichen grüßen, ihre barbara bauer

Wir danken dem Redblog für den Hinweis.