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Chile: Regierung schafft "Diktatur" in Lehrplan ab

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Dekret, mit dem die Wahrheitskommission in Chile gegründet wurde
Dekret, mit dem die Wahrheitskommission in Chile gegründet wurde

Santiago de Chile. Die rechtskonservative Regierung von Präsident Sebastián Piñera in Chile hat eine Änderung des Lehrplans angekündigt, nach der die Regierungszeit von Augusto Pinochet (1973-1990) in ihrem Land ein "Militärregime" war. Der Terminus ersetzt den bisher im Geschichtsunterricht verwendeten Begriff "Militärdiktatur". Dies erklärte Chiles neuer Bildungsminister Harald Beyer hat gegenüber der Presse des Landes. Beyer führte aus, man verwende einen allgemein gehaltenen Terminus: "Und der lautet Militärregime und nicht Diktatur."

Auf Nachfrage sagte Beyer gegenüber Radio Cooperativa: "Ich erkenne an, dass es eine diktatorische Regierung war, damit habe ich kein Problem." Der Minister fügte hinzu, dass die vorgenommene Änderung in einem Prozess zustande gekommen sei, "an dem viele Pädagogen teilgenommen haben und bei dem alle Instanzen ordnungsgemäß einbezogen wurden, die bei derartigen Fälle vorgesehen sind". Die Änderung sei "keine Frage von Anhängern oder Gegnern", sondern von Begrifflichkeiten die in Lehrplänen weltweit üblich sind".

Bisher wurde die Regierung Pinochet als "Diktatur" und seine Machtergreifung als "Putsch" bezeichnet. Nach Angaben lokaler Medien hatte Pinochet selbst üblicherweise von einer "Dictablanda" gesprochen, einer "weichen Diktatur", und dies damit begründet, dass es in Chile immerhin eine Opposition gebe.

Während der 17 Jahre andauernden Gewaltherrschaft kamen laut Wahrheitskommission (Kommission Rettig) 2.095 Menschen durch staatliche Repression ums Leben, 1.102 Personen sind verschwunden. Nach Erkenntnissen eines weiteren Untersuchungsgremiums, der Valech-Kommission, hat es in dieser Zeit außerdem 27.255 politische Gefangene gegeben. Andere Berichte sprechen jeweils von weit höheren Zahlen.

Der Bericht der Valech-Komission von 2001 geht davon aus, dass 94 Prozent dieser Häftlinge gefoltert wurden. Die Folterungen begannen am Tag des Putsches und endeten erst zehn Tage vor dem Abgang Pinochets am 10. März 1990. Hunderttausende Chileninnen und Chilenen gingen wegen der Pinochet-Diktatur ins Exil.

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12.09.2010 Artikel von Luz María De Stéfano de Lenkait