Manuel Santos besucht Merkel

Menschenrechtler fordern klare Haltung der Kanzlerin. Gewerkschafter und Journalisten in Kolumbien konkret gefährdet

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Merkel empfängt Àlvaro Uribe im Januar 2009
Merkel empfängt Àlvaro Uribe im Januar 2009

Berlin. Am kommenden Mittwoch wird die deutsche Bundeskanzlerin mit Juan Manuel Santos, dem zukünftigen kolumbianischen Präsidenten, zusammentreffen. Bereits im Vorfeld des Treffens forderten heute deutsche Nichtregierungsorganisationen, dass Angela Merkel die schwierige Menschenrechtslage in Kolumbien thematisiert. Insbesondere solle Merkel die zukünftige Administration dazu auffordern, Maßnahmen zur vollständigen Umsetzung der UN-Menschenrechtsempfehlungen zu ergreifen. Der ehemalige Verteidigungsminister Santos war aus den Stichwahlen am 20. Juni als Sieger hervorgegangen und wird sein Amt am 7. August antreten.

"Wer sich in Kolumbien für die Menschenrechte, Gerechtigkeit und Demokratie einsetzt, begibt sich in Lebensgefahr", sagte Pater Alberto Franco. "Die Menschenrechtssituation in Kolumbien ist dramatisch. Die kolumbianischen Menschenrechtsorganisationen fordern den künftigen Präsidenten dazu auf, sofort Maßnahmen zu ergreifen, um die Straflosigkeit zu beenden." Pater Franco arbeitet in Kolumbien für die Menschenrechtsorganisation „Justicia y Paz“, welche afrokolumbianische und indigene Gemeinschaften im Kampf für ihre Menschenrechte unterstützt. Eben dieser Einsatz gegen die Straflosigkeit für hochrangige Militärangehörige hat die ökumenische Organisation zur Zielscheibe von Drohungen und Angriffen werden lassen.

Auch Peter Seidel von Caritas International fordert, die Kanzlerin solle klare Position für die Menschenrechte beziehen. "Jüngste Forderungen des amtierenden Präsidenten Uribe, verstärkt die Militärjustiz bei Menschenrechtsverletzungen durch Militärangehörige anzuwenden, sind schockierend. Frau Merkel sollte bei Herrn Santos die mangelnde Unabhängigkeit der Justiz thematisieren und sich für den stärkeren Schutz von Menschenrechtsverteidigern stark machen."

Bedrohungen und Morde an Menschenrechtsaktivisten haben in Kolumbien in den letzten Monaten wieder deutlich zugenommen. Trotz ihrer angeblichen Demobilisierung attackieren paramilitärische Gruppen kritische Journalisten, Gewerkschafter und Menschenrechtler. Alleine im ersten Halbjahr 2010 wurden nach einem Bericht des Gewerkschaftsdachverbandes CUT 31 Gewerkschafter ermordet. Im Mai wurde ein Handelsabkommen zwischen Kolumbien und der EU unterzeichnet und muss noch vom Europäischen Parlament ratifiziert werden. Die Diskussionen um das Handelsabkommen sollten von der EU genutzt werden, um die Menschenrechtsbedenken zu thematisieren und die kolumbianische Regierung zu entschlossenem Handeln zu drängen, fordern nun Organisationen wie amnesty international, Caritas International und kolko – Menschenrechte für Kolumbien.

Ob die an die Bundesregierung gerichtete Initiative allerdings Erfolg hat, ist zweifelhaft. Die Bundeskanzlerin hatte Santos, der selber in schwere Menschenrechtsverstöße verstrickt ist, zu seiner Wahl "herzliche Glückwünsche" übersendet. In dem Text behandelte Merkel das Thema Menschenrechte als erledigt. "Ihr Land hat sich durch die Aufarbeitung von Menschenrechtsverstößen den Respekt der internationalen Gemeinschaft erarbeitet", formulierte Merkel erst vor wenigen Wochen und betont, dass Kolumbien mit Deutschland die "Ziele bei der Gestaltung der globalen Ordnung" teile. Bereits der Besuch des amtierenden Präsidenten Àlvaro Uribe im vergangenen Jahr hatte keinerlei positive Auswirkungen auf die Menschenrechtssituation in Kolumbien.