Kolumbien / Medien

William Parra: Morddrohungen gegen Anwälte

Staatsanwalt im Terrorismus-Verfahren gegen Journalisten überraschend abgelöst. Parra und weitere Journalisten im Exil

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Bogotá. Das Ermittlungsverfahren gegen den kolumbianischen Journalisten und Filmemacher William Parra erhält eine neue Wendung. Am Freitag löste der Generalstaatsanwalt das Landes den zuständigen Sonderstaatsanwalt für Terrorismus, Ricardo Bejanaro, überraschend ab. Bejanero hatte in der vergangenen Woche einen internationalen Haftbefehl gegen den Journalisten beantragt, der sich im Nachbarland Venezuela im Exil befindet. Am gleichen Tag informierte William Parra in Caracas die Presse darüber, dass seine Anwälte in Bogotá Morddrohungen erhalten.

Die Vorwürfe gegen den Journalisten klingen vertraut: Auf dem Computer des FARC-Kommandenten Raul Reyes seien Daten gefunden worden, nach denen der bekannte Journalist unter Decknamen regelmäßig mit der Nummer Zwei der Guerilla-Organisation kommuniziert habe. Unter anderem habe Parra der Guerilla angeboten, im Nahen Osten Raketenwerfer zu beschaffen. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete er für den internationalen Nachrichtenkanal TeleSur in der Region. Ähnliche Vorwürfe erhoben die kolumbianischen Sicherheitsbehörden bereits gegen oppositionelle Abgeordnete, Wissenschaftler und auch gegen andere Journalisten.

In den kolumbianischen Medien - alles andere als bekannt für eine staatskritische Haltung - werden die Vorwürfe sehr zurückhaltend bewertet. Immer wieder verweisen die Kollegen auf den Status von William Parra. Seit 20 Jahren arbeitet er für die großen Medien: Radio Caracol, Capital News, Reuters und TeleSur. In der Regierung Ernesto Samper (Liberale) war er sogar dessen Pressechef. Ein Mann ohne Geheimnisse, ein leidenschaftlicher Journalist, kann keiner Fliege etwas zu leide tun - so lauten die Einschätzungen von befreundeten Journalisten.

Wie andere der aufrechten Journalisten wurde auch Parra bedroht. Ähnlich erging es seinem Kollegen bei Radio Caracol, Rodrigo Silva, nachdem er im Jahr 2008 bei einer gemeinsamen Pressekonferenz der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Präsident Àlvaro Uribe kritische Fragen gestellt hatte. Seitdem lebt Silva mit schikanösen Polizeikontrollen, Morddrohungen, Wohnungseinbrüchen, Überfällen auf Familienangehörige. Ähnlich ergeht es den Mitarbeitern der bekannten Nachtsendung Contravía - der einzigen regierungskritischen Fernsehsendung Kolumbiens.

Der Journalist Hollmann Morris, über den arte am Freitag einen Dokumentarfilm sendete, hat Kolumbien mit seiner Familie inzwischen in Richtung USA verlassen. Morris leitete Contravía seit dem Jahr 2002. Nachdem der damalige Präsident Àlvaro Uribe ihn und andere Journalisten im vergangenen Jahr öffentlich als "Freunde der FARC-Rebellen, Komplizen des Terrorismus und Feinde der Heimat" beschimpfte, erhielten Morris und seine Familie Morddrohungen.

Zunächst hatte sich die US-Botschaft in Bogotá geweigert, dem gefährdeten Journalisten ein Visum für die USA auszustellen, obwohl Morris bereits über ein Harvard-Stipendium verfügte und in den vergangenen Jahren immer wieder problemlos in die USA hatte einreisen können. Morris vermutet, dass seine Visa-Probleme auf eine gezielte Kampagne des Geheimdienstes DAS zurückzuführen sind. Seit dem Jahr 2003 wurden Morris und andere Journalisten in Kolumbien illegal überwacht. "Sie versuchten mich zu sabotieren, meine Familie in illegale Aktivitäten zu verstricken, und lancierten eine internationale Verleumdungskampagne, um mich in die Nähe der FARC-Guerilla zu stellen", so Morris gegenüber dem Boston Globe.