Brasilien / Politik

Mafia-Parlamentarier in Rio verliert Mandat

Cristiano Girão soll Milizen angeführt haben. Linke kritisiert halbherziges Vorgehen gegen Banden durch das Parlament von Rio de Janeiro

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Inhaftiert: Cristiano Girão
Inhaftiert: Cristiano Girão

Rio de Janeiro. Der Vorsitz der Abgeordnetenkammer von Rio de Janeiro hat erstmals einem Abgeordneten wegen dessen Verstrickung in das organisierte Verbrechen sein Mandat entzogen. Cristiano Girão von der Partei der Nationalen Mobilisierung (PMN) wird vorgeworfen, Chef der Terrorbanden im westlichen Stadtteil Jacarepaguá zu sein. Er sitzt seit Dezember vergangenen Jahres wegen Bandenbildung, Erpressung und Geldwäsche in Untersuchungshaft.

Obwohl der Hintergrund der Entscheidung allen Beteiligten klar ist, erfolgte der Entzug des Mandats formell nicht aufgrund seiner Mafiatätigkeit. Das fünfköpfige Leitungsgremium des Parlaments erklärte statt dessen, dass Girão sein Mandat wegen "Nicht-Anwesenheit bei mehr als einem Drittel der Legislaturperiode" einbüßt. Der linke Abgeordnete Marcelo Freixo von der Partei für Sozialismus und Freiheit (PSOL) kritisierte diese Begründung gegenüber dem Nachrichtenportal Terra als feige.

"Er repräsentiert das organisierte Verbrechen, er ist ein Chef der Milizen. Und genau deswegen ging er nicht zu den Parlamentssitzungen, genau deswegen sitzt er im Gefängnis", so Freixo, der monatelang die Leitung der parlamentarischen Untersuchungskommission zu den paramilitärischen Banden im Bundesstaat Rio innehatte. Freixo sieht vielmehr die Gefahr, dass Girão wegen der halbherzigen Begründung nun erfolgreich gegen seinen Mandatsentzug klagen kann.

Laut Freixo müsste es von Seiten der Parlamentarier viel mehr Druck gegen die Milizen geben. "Die Bevölkerung, die in den von den Milizen beherrschten Gegenden wohnt, hat keine Wahl", so Freixo. Abgeordnete hingegen hätten die Verpflichtung, sich den Milizen entgegen zu stellen, so der Parlamentarier, der wegen seines engagements selbst rund um die Uhr von Leibwächtern beschützt wird.

Indessen wirft auch der preisgekrönte Autor der Vorlage zum Kino-Welterfolg "Cidade de Deus" ("City of God"), Paulo Lins, den etablierten Parteien schwerwiegende Versäumnisse vor. "Die Milizen haben sich in der ganzen Westzone Rios breitgemacht – mit Unterstützung oder wegen der Ignoranz aller Regierungen". Heute nun sei die Miliz "dieses Monster, das Rio de Janeiro übernommen hat", so Lins gegenüber der Tageszeitung Globo.