Venezuela / Politik

Venezuela stärkt die "Volksmacht"

Verabschiedete Gesetze sollen direkte Beteiligung der Bevölkerung an politischen Prozessen stärken. Als Ziel gilt der "kommunale Staat"

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Abgeordnete bei der Abstimmung in der Nationalversammlung
Abgeordnete bei der Abstimmung in der Nationalversammlung

Caracas. Die venezolanische Nationalversammlung hat am Donnerstag ein neues Rahmengesetz der "Volksmacht" beschlossen. Das von der Regierungsmehrheit im Parlament in zweiter Lesung verabschiedete "Ley Orgánica del Poder Popular" führt erstmalig neue partizipative Organisationsformen wie die Kommunen und Kommunalen Städte in das juristische System Venezuelas ein. Diese Instanzen basieren auf den ab 2006 entstandenen Kommunalen Räte (Consejos Comunales), einer Form basisdemokratischer nachbarschaftlicher Organisierung. Vier weitere Gesetze regeln die Funktionsweise der Kommunen, der öffentlichen Planung, der Rechnungsprüfung sowie der kommunalen Ökonomie. Zusammengenommen stellen sie einen Schritt zur Gründung des "kommunalen Staates" dar, der auf den basisdemokratischen Strukturen basieren soll.

Der Vorsitzende der Parlamentskommission für Bürgerbeteiligung, Dezentralisierung und Regionale Entwicklung, Ulises Daal, erklärte gegenüber Medien, dass sich im Konzept der Volksmacht die direkte Beteiligung der Bevölkerung an der öffentlichen Verwaltung ausdrücke. Es handele sich um die rechtliche Umsetzung von Artikel 5 der Verfassung des südamerikanischen Landes, der neben Wahlen auch direkte Formen der Ausübung der Souveränität festschreibt.

Neben dem am Donnerstag verabschiedeten Regelung sollen vier weitere Gesetze die Beteiligungsmöglichkeiten der Bevölkerung erweitern bzw. bereits de facto ausgeübte Partizipation juristisch regeln. So wurde am Freitag das Gesetz für sozialistische Kommunen (Comunas Socialistas) beschlossen. Diese lokalen Instanzen sollen mehrere benachbarte Kommunale Räte organisatorisch zusammenfassen und ihre Arbeit koordinieren. Die nächst höhere Ebene stellen die Kommunalen Städte (Ciudades Comunales) dar, die sich wiederum aus mehreren Kommunen zusammensetzen. Weitere Gesetze in diesem Bereich behandeln die öffentliche Planung, die Rechnungsprüfung sowie die kommunale Ökonomie.

Kritik ernteten die Gesetze aus den Reihen der Opposition. Der Abgeordnete der sozialdemokratischen Kleinpartei Podemos und Sprecher des oppositionellen "Tischs der demokratischen Einheit" (MUD), Ismael García, erklärte gegenüber venezolanischen Medien, das Gesetz suche "eine Abkürzung, um die Struktur des Staates zu zerlegen". Die Gesetze seien nicht verfassungskonform, weil die durch sie geschaffenen Institutionen nicht in der Verfassung vorgesehen seien, heißt es aus Oppositionskreisen. Sie sehen die Kompetenzen der Gouverneure und Bürgermeister gefährdet.

Alle fünf Gesetze sollen noch vor Ende des Jahres verabschiedet werden, um ihnen den Status von Sondergesetzen ("Leyes Orgánicas") zu geben. Die Verfassung Venezuelas regelt in Artikel 203, dass solche Gesetze zur Verabschiedung genauso wie zur Veränderung eine Zweidrittelmehrheit benötigen. Damit wäre eine Reform oder Abschaffung deutlich erschwert. Ab dem 5. Januar ziehen jedoch die am 26. September neu gewählten Parlamentarier in die Nationalversammlung ein. Zwar werden die linken Kräfte auch weiterhin die absolute Mehrheit innehaben. Eine Zweidrittelmehrheit verfehlten sie bei den Wahlen jedoch knapp.