Klaus Barbie versorgte Diktaturen mit Waffen

Nazi-Kriegsverbrecher waren in verdeckte Rüstungsgeschäfte in Lateinamerika verstrickt. Nutznießer waren rechte Terrorregime

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Klaus Barbie lässt sich in Lima die Schuhe putzen und liest dabei Zeitung
Klaus Barbie in Lima (undatierte Aufnahme)

Berlin. Der ehemalige Gestapo-Mann Klaus Barbie hat in Südamerika weitreichende Waffengeschäfte aufgebaut und pflegte dabei ständige Kontakte zu Geheimdienststrukturen in Westdeutschland und den USA. Das belegen neue Dokumente, die der Mainzer Historiker Peter Hammerschmidt aus den Archiven des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND) erhalten hat. Hammerschmidt konnte zudem Archivalien der US-Dienste aus dem Nationalarchiv der USA in Washington auswerten. Es ist das erste Mal, dass diese Bestände eingesehen werden konnten.

Nach den Unterlagen, die amerika21.de vorliegen, hatte Barbie zwischen seiner Flucht über die sogenannte Rattenlinie nach Südamerika 1951 bis zu seiner Auslieferung an Frankreich 1983 ständigen Kontakt zu westlichen Geheimdiensten.

Nachdem Medien wie das Nachrichtenmagazin Der Spiegel Kopien der Originalakten im deutschen Bundesarchiv eingesehen hatten, war in den vergangenen Tagen bereits über die mehrmonatige Tätigkeit Barbies als BND-Agent im Jahr 1966 berichtet worden. In dieser Zeit hatte der als "Schlächter von Lyon" berüchtigte Kriegsverbrecher Informationen über die politische Lage in Südamerika nach Bonn gegeben. Bei diesen und weiteren Geheimdienstkontakten gibt es darum, einen Linksruck in dem damals zwischen den politischen Blöcken umkämpften Lateinamerika zu verhindern.

Offenbar beschränkte sich Barbies Tätigkeit aber nicht nur auf das Informationsgeschäft. Aufgrund der von ihm erstmals ausgewerteten Akten konnte Hammerschmidt nun belegen, dass der ehemalige Gestapo-Mann gemeinsam mit anderen geflüchteten Nazis ein Waffenschieber-Netzwerk aufbaute.

Demnach vertrat Barbie in der bolivianischen Hauptstadt La Paz die In- und Exportfirma "La Estrella". Dieses Unternehmen diente dem westdeutschen Rüstungskonzern MEREX als lokaler Partner. MEREX verfügte nach Angaben Hammerschmidts über Kontakte zum BND. In den Archiven stieß der Nachwuchshistoriker auf mehrere Dokumente (siehe Anhang), die den regen Waffenhandel belegen. Nutznießer waren vor allem rechte Regime. So versorgte Barbie die rechtsextreme Militärdiktatur unter Oberst Hugo Banzer in Bolivien während der 1970er Jahre mit Waffen aus Deutschland und Österreich.

Dass er dabei intime Kenntnisse auch von den westdeutschen Geheimdeals hatte, belegt ein Brief aus dem Privatarchiv des vormaligen Nazi-Geschäftsmanns Friedrich Schwend. "Am 26. August 1968 berichtete Barbie seinem Geschäftspartner Schwend unter dem Pseudonym 'Petrovic' über ein damals geheimes Flugzeuggeschäft zwischen dem Bonner Verteidigungsministerium und der US-Firma McDonnell", berichtet Hammerschmidt: Unter Leitung des westdeutschen Generals und ehemaligen Bonner Gesandten in Washingtoner NATO-Militärausschuss, Johannes Steinhoff, waren 88 Aufklärer des Typs RF-4 E (Phantom) an die Bundeswehr verkauft worden. Woher Barbie von dem damals geheimen NATO-Deal wusste, kann bislang nicht geklärt werden. Klar ist, dass er weitaus tiefer in die US- und westdeutschen Strukturen eingebunden war, als die freigegebenen Aktenfunde bislang vermuten lassen.

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Anhang 1: Angebot der MEREX an Firma "La Estrella" vom 11. November 1966.

Anhang 2: MEREX an "La Estrella", 1967

Anhang 3: Brief der MEREX an die westdeutsche Botschaft in Lima, Peru, 1967.

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