Kritik an EU-Handel mit Kolumbien und Peru

Wirtschaftsexperten: EU-Freihandelsabkommen bringt für Kolumbien und Peru Nachteile. Brüssel stellt Wirtschaftsbeziehungen vor Menschenrechte

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Demonstration gegen Freihandelsabkommen
Demonstration gegen Freihandelsabkommen in Madrid im Mai 2010

Bogotá/Madrid. Ungefähr 200 internationale Organisationen haben sich gegen das Freihandelsabkommen der EU mit Kolumbien und Peru

ausgesprochen. Mit der Unterzeichnung der Verträge stelle die EU ihre ökonomischen Interessen den Menschenrechten in den beiden Ländern voran, beklagte der Bericht des Transnationalen Instituts (TNI). Die drei Parteien haben die Verhandlungen im Frühjahr 2010 erfolgreich abgeschlossen. Das Abkommen soll von  der EU-Kommission und dem Parlament bis 2012 endgültig ratifiziert werden. 

Wenn der vereinbarte freie Handel in Kraft tritt, würden das Bruttoinlandsprodukt (BIP) von Peru und Kolumbien im Jahr 2018 bis zu 2,7 Milliarden Euro betragen. Doch die aus dem Abkommen resultierende Steigerung des BIP in der EU könnte sich auf acht Milliarden Euro belaufen. Dies zeigt der Volkswirtschaftler Héctor Mondragón anhand einer Studie der Universität Manchester. Die Asymmetrie des Abkommens würde sich demnach in mehreren Bereichen der Wirtschaft widerspiegeln. Zum Beispiel würden die Vereinbarungen 400.000 kolumbianischen Familien, die Milch produzieren, schaden. Denn aufgrund der Subventionen der europäischen Länder an ihre Bauern könnten sie im Konkurrenzkampf nicht mithalten, erklärt Mondragón.

Der Bergbau und die Agrarindustrie seien zwei der meistbegünstigten Wirtschaftssektoren. Allerdings wurden in den letzten Jahrzehnten Millionen von Menschen durch paramilitärische Gruppen vertrieben, die im Dienst der Bergbau- und Agrarunternehmen handelten. Das erläuterte die Geschäftsführerin des kolumbianischen Gewerkschaftsdachverbands CTC, Nohora Tovar, in der Wiener Zeitung.

Die EU wolle eine ökonomische Partnerschaft mit einem Staat abschließen, der die höchste Mordrate an Gewerkschaftlern und von Vertreibungen weltweit hat, ganz zu schweigen von massiven Verschleppungen, merkte der kolumbianische Gewerkschaftler Diogenes Orjuela an.

Die Regierung des kolumbianischen Präsidenten Juan Manuel führe eine Öffentlichkeitskampagne, um ihr Image hinsichtlich  der Menschenrechte zu säubern, heißt es indes im Bericht des TNI.  Trotzdem hätte sich unter seiner Führung nicht viel verändert.

Circa 14.000 Paramilitärs sind immer noch in ganz Kolumbien aktiv, berichtet das Institut für Entwicklung und Frieden INDEPAZ. Das zeige, dass die Verbindungen mit dem Militär fortdauern, versichert der Journalist Camilo Raigozo. Rund 25 Prozent des Senats werden noch von Paramilitärs kontrolliert, informiert INDEPAZ. Die sogenannte Parapolitik beherrsche noch einen bedeutenden Teil der Bundesländer und Bezirksgemeinden.

Dass eine Klausel des Abkommens die Kündigung der Verträge vorsieht, wenn die internationalen Menschenrechtsstandards nicht eingehalten werden, halten die Sozialorganisationen für fragwürdig. Die spanische Ratspräsidentschaft hat bereits unterzeichnet. Auf die Fragen von Aktivisten hätten die spanischen Behörden geantwortet, dass "Spanien keine massiven Verstöße gegen die Menschenrechte in Kolumbien entdeckt hätte". Dies sagte die Menschenrechtlerin Aura Rodríguez, die Orjuela auf seiner Tour durch die iberische Halbinsel begleitete.

Der Druck der spanischen Regierung zur Ratifizierung des Abkommens steht mit der großen Beteiligung des europäischen Landes an der kolumbianischen Ökonomie in Verbindung. Das spanische Erdölunternehmen REPSOL, die spanische Finanzgruppe BBVA oder der von Spanien gekaufte Telefonanbieter Movistar dominieren wichtige Teile der kolumbianischen Wirtschaft.