Venezuela / Wirtschaft

Venezuelas Wirtschaft wächst wieder

Wirtschaftswachstum von 4,5 Prozent im ersten Quartal des Jahres 2011. Venezolanischer Zentralbankpräsident gibt positive Prognose

merentes-giordani-eljuri-venezuela-mai-2011.jpg

Planungsminister Giordani und Zentralbankchef Merentes
Zentralbankchef Merentes, Planungsminister Giordani und der Statistiker Eljuri bei der Verkündung der wirtschaftlichen Wachstumszahlen

Caracas. Nach zwei wirtschaftlichen Krisenjahren vermeldet Venezuela wieder positive Wachstumszahlen. Um 4,5 Prozent legte das Bruttoinlandsprodukt nach Zahlen der venezolanischen Zentralbank im ersten Quartal des Jahres 2011 im Vergleich zum Vorjahresabschnitt zu. Während dabei der öffentliche Wirtschaftsbereich um 3,3 Prozent wuchs konnte der private Sektor gar um knapp 5 Prozentpunkte zulegen. Trotz gestiegener Ölpreise ging der Anteil der Erölproduktion am BIP um 1,8 Prozent zurück. Der venezolanische Planungs- und Finanzminister Jorge Giordani zeigte sich am Dienstag bei einer Pressekonferenz zuversichtlich, die Rezession überwunden zu haben und über das Jahr 2012 hinaus mit einem nachhaltigen Wachstum rechnen zu können.

Grund für die positive Wachstumsprognose sind nach Meinung des Ministers auch die in diesem Jahr begonnenen Konjunkturprogramme im Bereich Landwirtschaft und Wohnungsbau. Für das soziale Wohnungsbauprogramm "Gran Misión Vivienda" werden allein ab Mai bis Ende des Jahres umgerechnet 7,3 Mrd. Euro staatlicher Zuschüsse und Kredite zur Verfügung gestellt. Das Programm soll sechs Jahre laufen und bis zu zwei Millionen neue Wohnungen finanzieren. Die Rezession der Jahre 2009 und 2010 hatte besonders den Bausektor hart getroffen. Gegen den Trend der Erholung war dieser beschäftigungsintensive Bereich auch im ersten Quartal 2011 um über sieben Prozent zurückgegangen. Das Wachstum im Bereich der Lebensmittelproduktion von 5,6 Prozent im ersten Quartal soll mit dem Programm AgroVenezuela weiter erhöht werden. Knapp 200.000 Landwirte sollen bei der Ausweitung und Professionalisierung der Produktion mit staatlichen Krediten unterstützt werden.

Auch der Präsident der venezolanischen Zentralbank Nelson Merentes zeigte sich bei der Veröffentlichung der Wachstumszahlen optimistisch. Neben dem starken Zuwachs in den Bereichen Handel, Transport und Telekomunikation, sei auch die industrielle Produktion nach den beiden Krisenjahren wieder angesprungen. Vor allem die metallverarbeitende Industrie habe nach den Problemen mit Stromrationierungen im Zuge der Energiekrise um mehr als 20 Prozent zugelegt. Die staatliche Aluminium- und Stahlindustrie im Bundesstaat Bolivar, die besonders vom Ausfall der Wasserkraftwerke im Zuge der Trockenperiode "El Niño" betroffen waren, verdoppelten ihre Produktion im Vergleich zum ersten Quartal 2010.

Merentes zeigte sich vor allem wegen der gestiegenen Binnennachfrage und der leicht rückgängigen Inflationsrate zuversichtlich. Mit 8,5 Prozent habe die Inflation in den ersten vier Monaten des Jahres mehr als 2 Prozent unter dem Wert des Vorjahresabschnitts gelegen. Der Minister für das öffentliche Bankenwesen, Rudolfo Marco Torres, machte für den Rückgang der Inflation auch die positive Entwicklung der Sparerquote verantwortlich. Nach der Krise des Bankensektors und der Insolvenz mehrere kleinerer Kreditinstitute im Jahr 2010 hätten die Spareinlagen der Venezolaner seit Beginn des Jahres um monatlich 2,5 Prozent zugelegt.

Auch die Arbeitslosenrate ist im Zuge des Aufschwungs wieder rückläufig. Nach Angaben des Vorsitzenden des Nationalen Statistikinsituts (INE), Elías Eljuri, ging der Wert um einen halben Prozentpunkt auf 8,1 Prozent im Monat April zurück. Zudem betonte Eljuri, dass sich die für lateinamerikanische Volkswirtschaften wichtige Kennziffer des Verhältnisses der formellen zur informellen Arbeit unter der aktuellen Regierung massiv verbessert habe. Der Anteil der sozialversicherungspflichtigen formellen Arbeitsverhältnisse an der Gesamtbeschäftigung habe seit 1999 von 49 auf 57,7 Prozent zugenommen.