Álvaro Uribe vor Untersuchungsausschuss

Ex-Präsident Kolumbiens weist Vorwürfe wegen Skandal um Lauschangriff gegen Oppositionelle zurück. Opfer wollen juristischen Weg beschreiten

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Àlvaro Uribe vor dem Untersuchungsausschuss des kolumbianischen Kongress
Álvaro Uribe beim Untersuchungsausschuss des kolumbianischen Kongresses

Bogotá. Der ehemalige kolumbianische Präsident Álvaro Uribe (2002-2010) hat in der ersten Sitzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses über eine Verwicklung in Spionageaktionen gegen Mitglieder der Opposition, Abgeordnete, Journalisten und Justizangestellte während seiner Amtszeit seine Unschuld beteuert. In seiner fast dreistündigen Verteidigungsrede erklärte er, niemals irgendwelche Dokumente erhalten zu haben, die während seiner Präsidentschaft auf die illegalen Abhöraktionen hätten hinweisen können. "Wenn irgendjemand in meiner Regierung oder deren Umfeld gegen das Gesetz verstoßen hätte, um Nachforschungen gegen diese Personen zu tätigen, ich würde nicht zögern, dafür um Entschuldigung zu bitten", erklärte Uribe unter der Anwesenheit der Betroffenen des Abhörskandals im kolumbianischen Kongress.

Gleichzeitig wies Uribe auch die Anschuldigungen gegen die unter seiner Regierung verantwortlichen Direktoren des kolumbianischen Geheimdienstes DAS, Jorge Noguera, Andrés Peñate und María del Pilar Hurtado zurück. "Unsere einzige Anweisung an den DAS war der Kampf gegen die Kriminalität. Niemals gab es eine Anweisung zur Verfolgung einer politischen Gruppe, eines Journalisten oder Gewerkschafters", ließ Uribe verlautbaren.

Jorge Noruega war 2007 wegen der Zusammenarbeit des DAS mit der paramilitärischen Gruppe Autodefensas Unidas de Colombia (AUC), der persönlichen Bereicherung und der Beihilfe zu Drogenhandel für 18 Jahre die Ausübung öffentlicher Ämter untersagt. Ein Gerichtsurteil gegen ihn steht noch aus. Die Nachfolgerin Nogueras, María del Pilar Hurtado, gilt als die Hauptverantwortliche in dem vom Untersuchungsausschuss verhandelten Abhörskandal. Gegen sie wurde im Mai dieses Jahres internationaler Haftbefehl erlassen. Pilar Hurtado befindet sich in Panama und bittet dort um politisches Asyl.

Auch seinen ehemaligen Staatssekretär im Präsidentenpalast, Bernado Moreno, sprach Uribe von einer Verwicklung in den Abhörskandal frei. Moreno sei "in fast keiner sicherheitspolitischen Kommission vertreten gewesen" und keine Behörde habe je Beschwerde gegen ihn erhoben. Moreno sitzt seit Mai diesen Jahres in Untersuchungshaft.

Auch Vorwürfe der konkreten Spionage gegen die damalige Senatorin Piedad Córdoba wies Uribe zurück. Er habe zwar wegen ihr eine Anfrage gestellt, jedoch ging es dabei um Anschuldigungen gegen eine ihrer Mitarbeiter, erklärte Uribe. Zudem habe er Nachforschungen durch Geheimdienste, Staatsanwaltschaft und Verfassungsgericht angeordnet, nachdem Córdoba in Mexiko "andere Staaten zum Abbruch der Beziehungen mit Kolumbien aufgefordert“ habe, erklärte der Ex-Präsident.

Die Opfer der Abhöraktionen unter der letzten Regierung kündigten nach der Anhörung an, den juristischen Weg gegen Álvaro Uribe auch weiterhin zu beschreiten. Vor dem Obersten Gerichtshof steht bisher eine Entscheidung darüber aus, ob sich Uribe im Untersuchungsausschuss des Kongresses auch den Anwälten der Opfer stellen muss. Luis Guillermo Pérez, der in dem Fall auch Piedad Córdoba vertritt, erklärte, Uribes Ausführungen seinen "nicht nur eine selbstbezogene Freisprechung in dem Fall der Abhörungen, sondern eine Selbstfreisprechung für alles, was man ihm Zukunft noch vorwerfen könnte". Dabei versuche Uribe so zu tun, "als hätte alles hinter seinem Rücken stattgefunden, dabei wissen alle, dass er alle Fäden der Macht in den Händen hatte", so Pérez gegenüber dem lateinamerikanischen Nachrichtensender Telesur.

Im Februar 2009 hatte die kolumbianische Wochenzeitung Semana einen Bericht über die systematische Bespitzelung durch den damaligen Staatsgeheimdienst DAS veröffentlicht. Nachforschungen der Staatsanwaltschaft bestätigten die Vorwürfe. Im April 2010 kam der Oberste Gerichtshof des Landes zu dem Ergebnis, dass sich bei den in Kolumbien als "Chuzadas" bekanntgewordenen Abhöraktionen um eine "kriminelle Unternehmung, gelenkt von der Casa Nariño" handle. Die Casa Nariño ist der Amtssitz des Präsidenten Kolumbiens.