Nicaragua / Politik

Nicaragua: Ortega hofft auf Wiederwahl

Präsidentschaftswahlen in Nicaragua am heutigen Sonntag. Sieg des amtierenden Präsidenten scheint sicher. Debatten über Umstände der Wiederwahl

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Ortega ruft zur Teilnahme an der Wahl auf
Ortega ruft zur Teilnahme an der Wahl auf

Managua. Am heutigen Sonntag werden die Nicaraguanerinnen und Nicaraguaner an die Wahlurnen gebeten. Präsident Daniel Ortega und seine Frente Sandinista de Liberación Nacional (FSLN)

stehen dabei vor einer zweiten Legislaturperiode. Letzte Umfragen sahen Ortega bei mindestens 45 Prozent – bereits fünf Prozent weniger würden für einen Sieg im ersten Wahlgang reichen. Stärkster Konkurrent Ortegas ist mit Umfragewerten von 35 Prozent der rechte Medienunternehmer Fabio Gadea, dessen Kampagne sich vor allem auf die Rhetorik der “Verhinderung einer Ortega-Diktatur” beschränkte. Auch der nach einer Veruteilung wegen Korruption auf Initiative von Ortega wieder freigesprochene Ex-Präsident Arnoldo Alemán tritt erneut an, liegt in den Umfragen aber bei lediglich zehn bis 15 Prozent.

Der heutige Wahltag bildet den Höhepunkt eines kontroversen Wahlkampfs, der weniger von politischen Debatten als von polemischen Anschuldigungen dominiert war. Die Oppositionsparteien – aber auch regierungskritische Gruppierungen der Linken – halten die heutige Wahl für undemokratisch: Zum einen sei das Mandat einiger Beamten des Obersten Wahlrats unrechtmässig per Dekret verlängert worden, zum anderen hätte Ortega als bereits zweimaliger und amtierender Präsident laut Verfassung nicht antreten dürfen. Der Oberste Gerichtshof hatte den entsprechenden Artikel allerdings für ungültig erklärt. Die FSLN sieht in den Anschuldigungen die geplante Diskreditierung der Wahl schon im Vorfeld und den Versuch einer Destabilisierung des Regimes. Tatsächlich hatte selbst die Wahlbeobachter-Delegation des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) bislang nichts zu beanstanden.

Eine Manipulation der Wahl scheint angesichts der erwarteten Zustimmung für Ortega auch gar nicht notwendig. Die politische Debatte innerhalb der Linken kreist vielmehr um die Frage, inwiefern das heutige Regime noch die Idee einer sandinistischen Revolution wiederspiegelt. Für Ortega-Befürworter ist die derzeitige Regierungspolitik die Vertiefung und Sicherung eines revolutionären Prozesses, der 1979 begonen hat und 1990 lediglich unterbrochen wurde – für seine Kritiker ist die heutige Partei das Machtinstrument einer bestimmten Schicht von FSLN-Mitgliedern, die sich nach der Wahlniederlage 1990 persönlich bereichert und ihr Heil in Vereinbarungen mit den rechten Parteien gesucht hat. Dass Ortega mit seiner Sozialpolitik den politischen Diskurs nach links verschoben hat, daran dürfte kein Zweifel bestehen. Mit Geldern aus dem ALBA-Bündnis hat die FSLN-Regierung wichtige Sozialprogramme für zuvor marginalisierte Bevölkerungsgruppen geschaffen und damit einen Standard gesetzt, hinter den selbst eine neue Regierung nicht zurück könnte.

Doch nicht nur die wenig transparente und klientelistische Durchsetzung dieser Programme, sondern vor allem die Wirtschaftspolitik ruft Kritik von links auf den Plan. So kritisiert die Ex-Guerrillera Monica Baltodano, die Rhetorik der “christlichen, sozialistischen und solidarischen Revolution” sei von einer Anbiederungspolitik an Weltbank und IWF, einer Allianz mit der Unternehmerspitze des Landes und damit von der Kontinuität der neoliberalen Politik der Vorgängerregierungen begleitet. Daneben sorgt die tief religiöse Rhetorik der Wahlkampfauftritte Ortegas sowie die reaktionäre Verfolgung von Abtreibungen selbst zu therapeutischen Zwecken für Irritationen.

Die heutige FSLN erscheint im Lichte dieser Debatte um das Erbe der sandinistischen Revolution als ein widersprüchliches Projekt. Doch klar ist auch: Ortegas Herausforderer bei der heutigen Wahl entstammen alle dem rechten Spektrum, eine linke Oppositionspartei zur FSLN fehlt vollkommen. Das Movimiento Renovación Sandinista (MRS), dem im Zuge der Kommunalwahlen von 2008 der Parteienstatus entzogen worden war, unterstützt mittlerweile die Wahlkampagne Gadeas. Das linke RESCATE-Projekt Baltodanos ruft derweil zur Abgabe einer ungültigen Stimme auf – und lässt dafür eigens Aufkleber drucken, die auf den Wahlzetteln angebracht werden sollen.