Kolumbien / Soziales

Kolumbien: Landrückgabe durch Santos in der Kritik

Opposition sieht unzulängliche Mittel für die Rückerstattung an die Vertriebenen. Landzuteilung an große Unternehmen hätten Priorität

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Kolumbianischer Bauer bei der Arbeit
Kolumbianischer Bauer bei der Arbeit

Bogotá. Seit einer Woche läuft die Landrückgabe an Gewaltopfer in Kolumbien. Präsident Manuel Santos startete sie am Freitag vergangener Woche

mit circa 4.300 Hektar für rund 300 Familien. Die Opposition kritisiert die geplanten Rückgaben als zu gering und die Aussagen des Präsidenten als "pure Rhetorik". Die Rückgabe des Landes ist im Gesetz zur Entschädigung der Gewaltopfer vorgesehen.

"Heute beginnen wir mit der großen Agrarrevolution in Kolumbien", sagte der Präsident zum Start des Programms. Insgesamt will Santos bis zum Ende seiner Amtszeit 160.000 Landrückgaben erreichen. Die 2.100 Grundstücke, die er bis Ende 2012 an die rechtlichen Besitzer zurückgeben möchte, entsprächen also nur 1,7 Prozent der gesamten Ländereien, rechnet der Oppositionelle Jorge Robledo vor. Der kolumbianische Präsident müsste demnach die restlichen 98,3 Prozent in den dann noch verbleibenden 20 Monaten seiner Amtszeit umsetzen. Dies sei unrealistisch. Außerdem habe Santos lediglich 22 zuständige Richter für die 2.100 Verfahren in diesem Jahr vorgesehen.

Weitere Schwierigkeiten bestehen nach Ansicht des Journalisten Alfredo Molano darin, dass die Beziehungen zwischen lokalen Eliten, Justizbeamten, Militär und Paramilitärs die Landrückgaben an die Vertriebenen verhindern. Allein seit dem Amtsantritt von Santos wurden 14 Bauernaktivisten ermordet, die Ländereien zurück erlangen wollten. Die Regierung ließ sie unbeschützt, obwohl die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte präventiven Schutz gefordert hatte. Todesdrohungen gegen Landarbeiter, die Landrückgabeprozesse führen, sind weiterhin alltäglich.

Kritiker bemängeln zudem, dass die Landvergabe an große Unternehmen und Konzerne in Santos' Politik Priorität genieße. Das von ihm verabschiedete Gesetz zur Entschädigung der Gewaltopfer lege fest, dass keine Ländereien in die Hände von Vertriebenen zurückkehren, solange sie  für agroindustrielle Projekte genutzt werden. Auch Santos' Entwicklungsplan gebe großen Gesellschaften den Vorrang. Er ermöglicht, dass sich multinationale Konzerne aber auch Monopole staatliche Brachländer ohne Obergrenze für deren Fläche aneignen dürfen. Damit werde die Verfassung ignoriert. Diese bestimmt, dass staatliche Landstücke ausschließlich an Familien mit knappen Mitteln zugeteilt werden dürfen. Dies kritisiert die eingereichte Anklage der oppositionellen Senatoren Robledo und Arias. Sie stellen darin fest, dass die Durchsetzung des Plans eine große "Gegenlandreform" bedeutet,

Insgesamt will die Regierung zwei der 5,4 Millionen Hektar Land, die durch Gewalt geraubt wurden, an 360.000 Familien zurückerstatten. Bergbau- und Erdölunternehmen verfügen bisher über 38,5 Millionen Hektar und die großen Viehzüchter über 40 Millionen. Dies berichtet die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UNO (FAO).

Ein großer Teil der staatlichen Landzuteilung wurde durch die Regierung Uribe gefördert und durch Santos weiter unterstützt. Seinen besonderen Augenmerk legt der Präsident darauf, Investitionen in die Forstwirtschaft zu fördern. Allein dafür sind 13 Millionen Hektar vorgesehen, berichtet die FAO.