Venezuela / Politik

Venezuela: Henrique Capriles fordert Chávez heraus

Gouverneur von Miranda siegt mit über 60 Prozent bei Vorwahlen der Opposition. Knapp 16 Prozent der Wahlberechtigten nehmen an Abstimmung teil

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Henrique Capriles (Mitte) will Hugo Chávez als Präsident Venezuelas ablösen
Henrique Capriles (Mitte) will Hugo Chávez als Präsident Venezuelas ablösen

Caracas. Henrique Capriles Radonski wird wie erwartet Präsidentschaftskandidat des venezolanischen Oppositionsbündnisses Tisch der demokratischen Einheit (MUD). Der Gouverneur des Bundesstaats Miranda setzte sich mit knapp 64 Prozent der abgegebenen Stimmen bei den Vorwahlen durch. Damit fordert der Politiker der rechtsliberalen Partei Primero Justicia (Gerechtigkeit Zuerst) Präsident Hugo Chávez bei den anstehenden Wahlen am 7. Oktober heraus. "Ich möchte Präsident der Weißen, Grünen, Orangen, Roten und derer ohne Farbe sein", sagte Capriles nach Bekanntgabe seines Triumphes.

Den zweiten Platz belegte der Gouverneur des westlichen Bundesstaats Zulia, Pablo Pérez, mit etwa 31 Prozent. Die anderen Kandidaten blieben wie in den Umfragen vorhergesehen chancenlos. Die Abgeordnete María Corina Machado erreichte vier Prozent, der Ex-Diplomat Diego Arria gut ein Prozent. Der Gewerkschafter Pablo Medina landete mit deutlich unter einem Prozent auf dem fünften Platz. Nach Bekanntgabe des Ergebnisses stellten sich die unterlegenen Kandidaten demonstrativ hinter den siegreichen Capriles. "Mein Freund, Du wirst der nächste Präsident Venezuelas sein", sagte Pérez und sicherte Capriles seine Unterstützung im kommenden Wahlkampf zu.

Der 39-jährige Capriles ist Sprössling einer Familie von Medienunternehmern. Er ist Anwalt, war Mitglied der früheren christdemokratischen Regierungspartei COPEI und später Mitbegründer der Partei Primero Justicia, die unter anderem von der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung unterstützt wird. Von 2000 bis 2008 war er Bürgermeister des wohlhabenden Stadtteils Baruta im Großraum Caracas. Während des Putsches gegen Chávez im Jahr 2002 beteiligte sich Capriles an Aggressionen gegen die kubanische Botschaft. Er selbst behauptete hinterher, in der damaligen Situation nur vermittelt zu haben. 2008 gewann er die Wahl zum Gouverneur in Miranda gegen den heutigen Parlamentspräsidenten Diosdado Cabello vom rechten Flügel der regierenden Vereinigten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV).

Im Wahlkampf versuchte sich Capriles jetzt als Mitte-Links-Kandidat zu profilieren. Seine politischen Vorstellungen verglich er mit der Regierungszeit von Luíz Inácio Lula da Silva in Brasilien. Damit hat sich innerhalb der Opposition ein gemäßigter Kurs durchgesetzt. Im Wahlprogramm, das Ende Januar beschlossen wurde, wendet sich der MUD gegen staatliche Eingriffe in die Wirtschaft wie Nationalisierungen, Preis- und Devisenkontrollen. Die Erdölproduktion soll mit Hilfe privater Investitionen erhöht werden. Die 1999 in Kraft getretene Verfassung erkennt das Oppositionsbündnis explizit an, will aber die Rolle der Legislative und der bundesstaatlichen Kompetenzen gegenüber dem Präsidenten stärken.

Viele der Errungenschaften der Chávez-Regierung wie etwa die Sozialprogramme oder die basisdemokratischen Kommunalen Räte will die Opposition laut ihrem Programm nicht abschaffen, aber reformieren. In der Medienpolitik strebt sie eine Minimierung des staatlichen Einflusses an. Die hohe Kriminalitätsrate soll durch eine umfassende Entwaffnung der Bevölkerung und mehr Polizei gesenkt werden.

Capriles kündigte an, bis zu den Wahlen im Oktober "jede Ecke Venezuelas" zu besuchen. Laut den letzten Umfragen vor den Vorwahlen gilt Chávez als Favorit bei den Präsidentschaftswahlen. Im Gegensatz zum Jahr 2006, als die Opposition weniger geeint auftrat und mit Manuel Rosales einen schwachen Kandidaten aufstellte, dürfte der Wahlkampf dieses Jahr jedoch spannender werden.

Mit rund 2,9 Millionen abgegebenen Stimmen lag die Wahlbeteiligung am gestrigen Sonntag bei knapp 16 Prozent, die Abstimmung war für alle Wahlberechtigten offen. Gemessen an den 5,6 Millionen Stimmen, die die Opposition bei den Parlamentswahlen 2010 erreichte, beteiligten sich somit mehr als die Hälfte ihrer potentiellen Wählerinnen und Wähler.

aktualisiert: 13. Februar, 13:38