Erneute Verhandlungsversuche in Chile

Dialogbereitschaft von beiden Seiten im Konflikt in der Region Aysén. Protestierende lassen sich nicht spalten

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"Aysén ohne Repression": Solidaritätsdemonstration in Concepción
"Aysén ohne Repression": Solidaritätsdemonstration in Concepción

Santiago de Chile. Vertreter der sozialen Bewegung in Aysén wollen sich am Dienstag erneut mit der Regierung an den Verhandlungstisch setzen. Dabei soll weiter nach Lösungen für die sozialen und wirtschaftlichen Probleme vor allem in Patagonien gesucht werden. Von Regierungsseite werden dabei die Minister für Energie, Transport und Fischerei sowie der Vizesekretär des Präsidenten gemeinsam an den Verhandlungen teilnehmen. Noch drei Tage zuvor hatte es den Vorschlag gegeben, die Verhandlungen aufzusplitten und verschiedene Arbeitsgruppen zu bilden. Das hatten die Vertreter aus Aysén jedoch entschieden abgelehnt.

Man wolle nicht an den Verhandlungstisch zurückkehren, da separate Verhandlungen zur Spaltung der Bewegung führten und daher keine Option seien. Der Verhandlungsführer aus der Region Aysén, Iván Fuentes, sagte, es sei der Wunsch der Aktivisten, dass "alle zusammen arbeiten". Auch sicherte er zu, dass die Bewegung den Dialog nicht abrechen wolle. Inzwischen begrüßten auch Parlamentarier offiziell, dass die Verhandlungen weitergeführt werden sollen. Präsident Sebastián Piñera hingegen betonte, dass bei bestimmten sozialen Protesten die Möglichkeit bestehe, das Gesetz zur Staatssicherheit anzuwenden.

Immer wieder stellt sich im Konflikt die Frage, welch Seite den Dialog wirklich will und wer bereit ist Kompromisse einzugehen oder Zugeständnisse zu machen. Rodrigo Triviño, Mitglied der Beobachtermission für Menschenrechte in Aysen, sagte in einer Ansprache, dass in der Region hohe Erwartungen herrschten, aber: "Bisher ist da wenig zu sehen." Auch er verwies auf die Versuche der Regierung, die Bewegung zu spalten. Zudem habe sie mit Gewalt versucht, sie zum Schweigen zu bringen.

Triviño stellte die Handlungen der Regierung Piñera in einen größeren Rahmen. Sie versuche seit zwei Jahren die gliche Repressionsstrategie gegen die sozialen Bewegungen anzuwenden: Sie schicke die Militärpolizei. "Es ist mitleidserregend zu sehen, dass, nachdem wir die Diktatur unter Pinochet überlebt haben, nun wieder die gleichen Strategien genutzt werden." Dies sage auch einges über die Situation der Menschenrechte im Land aus. Am Sonnabend kam es nach Berichten einmal mehr von Angriffen der Polizei auf Demonstranten, während die Anführer der Bewegung gerade zu Verhandlungen versammelt waren.

Die Proteste in Aysén dauern inzwischen über einen Monat an. Schon zu Beginn hatten politische und gesellschaftliche Vertreter der Region der nationalen Regierung ein Elf-Punkte-Programm mit den wichtigsten Forderungen vorgelegt. Eine davon ist die Senkung der Treibstoffpreise um 20 Prozent. In der Hauptstadt Santiago wurde unterdessen eine Demonstration von Schülern von der Militärpolizei mit Gewalt und Wasserwerfern auseinandergetrieben. Die Schüler hatten für öffentliche Bildung und deren Qualität demonstriert und die Exmatrikulation von den Studenten abgelehnt, die vergangenes Jahr an den Bildungs-Protesten teilgenommen hatten. Nach Worten vom Sprecher der Schüler, Alfredo Vielma, haben die Schüler haben das Vertrauen in die Regierung verloren.