Chile / Deutschland

Solidarität mit Pablo Neruda in Chemnitz

Protest gegen Umbenennung von Grundschule. Zweiter Versuch binnen zehn Jahren. Unwissen bei Schulleitung. Steht Trägerwechsel hinter Initiative?

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Pablo Neruda während einer Tonaufnahme 1966
Pablo Neruda während einer Tonaufnahme 1966

Chemnitz. Ein Antrag auf Umbenennung der Pablo-Neruda-Grundschule im sächsischen Chemnitz sorgt für Proteste in der Stadt und im Internet. Die Leiterin der Grundschule, Martina Schwermer, hatte am 8. Dezember vergangenen Jahres beim Schulverwaltungsamt beantragt, den Namen des chilenischen Dichters und Literaturnobelpreisträgers abzulegen und das Haus in Grundschule Kaßberg umzubennen. Ein solcher Name würde dazu beitragen, die Identifikation der Kinder mit dem Wohngebiet zu stärken.

Bereits 2002 und 2003 hatte die Leitung der Schule versucht, den Namen des linksgerichteten Dichters loszuwerden. Schon damals scheiterte das Ansinnen am Widerstand der Lokalpolitik, von Eltern, Künstlern und Intellektuellen. Auch jetzt wandten sich zahlreiche Kulturschaffende in einem offenen Brief gegen das Vorhaben von Schulleiterin Schwermer. "Die Benennung der Schule nach einem der bedeutendsten Dichter dieser Erde ist nicht nur eine Würdigung des Künstlers, sonder sendet auch einen Reiz aus an die, welche täglich in die Schule hinein oder an ihr vobeigehen", heißt es in dem Schreiben, das unter anderem von dem Chefdramaturgen der Landesbühnen Sachsen, Karl-Hans Möller, und dem Ex-Schauspieldirektor Hartwig Albiro unterzeichnet wurde.

Die Unterzeichner werfen die Frage auf, ob es "wirklich eine unzumutbare Aufgabe für Eltern und Lehrer" sei, sich anhand des Lebens und Wirkens von Neruda mit der Geschichte von Faschismus und Widerstand zu befassen.

Pablo Neruda hatte sich aktiv für die Regierung des sozialistischen Präsidenten Salvador Allende eingesetzt, der am 11. September 1973 einen Militärputsch zum Opfer fiel. Der Dichter und Schriftsteller stand der Kommunistischen Partei Chiles nahe.

Schulleiterin Schwermer hatte ihr Anliegen nach einem Bericht des MDR damit begründet, dass Neruda vor allem durch sein Engagement gegen die Militärdiktatur von General Augusto Pinochet bekannt geworden sei und die Kinder zu einer solchen Geschichte keinen Bezug hätten. Neruda war jedoch wenige Tage nach dem Putsch gestorben. Die Begründung wirft indes auch die Frage auf, was Chemnitzer Kinder mit anderen Namensgebern von lokalen Grundschulen verbindet, unter ihnen Gotthold Ephraim Lessing, Johann Amos Comenius und Emanuel Gottlieb Flemming.

Kurz vor dem Antrag zu Umbenennung war Ende vergangenen Jahres unter anderem diskutiert worden, den Hort der Schule dem "Christlichen Verein Junger Menschen" zu übergeben. Dagegen hatten es in einer Elternversammlung massive Proteste gegeben, wie der private Sender Sachsen Fernsehen damals berichtete.