Proteste gegen Ausnahmezustand in Guatemala

Anwohner fordern Abzug von Polizei und Militär. Bewohner flüchten aus Angst vor Repression über die Grenze nach Mexiko. Eskalation nach Mordanschlag

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Gewalterfahrung mit Armee und Polizei wurden in Guatemala auch in Wandbildern verarbeitet

Guatemala-Stadt. Organisationen von Landarbeitern und Mitgliedern der Volksgruppe der Maya in Guatemala fordern von der Regierung, den Anfang des Monats verhängten Ausnahmezustand in Santa Cruz Barillas im Departement Huehuetenango aufzuheben. Auch sollen Armee und Polizei abgezogen werden. Die Organisationen sammelten mehrere hundert Unterschriften, um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen.

Am 2. Mai waren rund 500 Soldaten und 150 Polizisten nach Santa Cruz Barillas entsandt worden, um den Ausnahmezustand durchzusetzen. Diese Präsenz und ihr Vorgehen erinnert die Bevölkerung an die Repression, die sie während des bewaffneten Konflikts in der Region erlebt hat. Auch aktuell haben Bewohner aus Angst vor Hausdurchsuchungen und Verhaftungen Barillas verlassen und sind möglicherweise über die nahegelegene Grenze nach Mexiko geflüchtet.

Bisher wurden mindestens 17 Personen verhaftet und als Drahtzieher der Unruhen angeklagt. Sorgen machen sich Beobachter vor allem um das Schicksal von zwei verhafteten Frauen – eine von ihnen im Alter von 74 Jahren –, die laut Medienberichten von den Sicherheitskräften nur deshalb mitgenommen wurden, weil ihre Männer zum Zeitpunkt der geplanten Verhaftung nicht zu Hause waren.

Die sozialen Konflikte in Barillas stehen in einem direkten Zusammenhang mit der Präsenz von Hidro Santa Cruz. Das Elektrizitätsunternehmen hat die Erlaubnis zum Bau eines Wasserkraftwerks erhalten, obwohl sich bereits im Jahr 2007 bei einer Volksbefragung rund 46.500 Personen generell gegen Bergbau und Megaprojekte ausgesprochen haben. Am 13. April dieses Jahres bekräftigen 298 von insgesamt 305 Gemeinden, die vom Wasserkraftwerk betroffen sind, diesen Entschluss. Das Projekt würde in einem Gebiet realisiert, das traditionell als Ort der Erholung und für Zeremonien dient. Weiter befürchten die Anwohner, dass ihnen der Zugang zu Wasser sowohl für den Hausgebrauch wie auch für die Landwirtschaft erschwert wird.

Bisher war der Widerstand der Bevölkerung friedlich. Den jüngsten Unruhen ging am 1. Mai ein Überfall auf drei Anführer einer Dorfgemeinschaft auf dem Weg von Barillas in ihr Dorf Posa Verde voraus, die sich öffentlich gegen das Wasserkraftwerk ausgesprochen hatten, das in der Nähe ihres Wohnorts errichtet werden soll. Einer der Männer verlor dabei sein Leben, die zwei anderen überlebten schwer verletzt. Die Überlebenden sagten aus, dass die Angreifer in den gleichen Fahrzeugen unterwegs gewesen seien, wie sie Hidro Santa Cruz verwendet.

Menschenrechtsorganisationen verurteilen die staatliche Intervention als Kriminalisierung der Arbeit von Organisationen und Personen, die sich für die individuellen und kollektiven Rechte der indigenen Völker einsetzen. Guatemalas Präsident Otto Pérez Molina wiederum sagt, es handle sich um eine Sicherheitsmaßnahme und nicht um Repression. Er reiste selber am 7. Mai nach Barillas und verkündete mehrmals, dass der Bau von Wasserkraftwerken und der Bergbau Fortschritt für Guatemala bedeute und die Regierung deshalb solche Projekte unterstütze.