Kolumbien / Soziales

Kolumbien: Bauern erstreiten Landrechte

Großgrundbesitz im Nordwesten des Landes könnte landlosen Bauern zugesprochen werden. Verdrängte Palmölfirma bedroht und provoziert

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Mahnwache landloser Bauern in Kolumbien
Mahnwache landloser Bauern in Kolumbien

Bogotá. Mitte Oktober hat das kolumbianische Institut für ländliche Entwicklung (INCODER) einen umkämpften Großgrundbesitz im Nordwesten Kolumbiens inspiziert, der zuvor größtenteils

als Brachland deklariert worden war. Damit könnte die Finca vollständig landlosen Bauern zur Nutzung übertragen werden. Der Fall hat Beispielwirkung für das südamerikanische Land.

Bei der erneuten Inspektion ging es um die Besitzfrage von drei restlichen Parzellen. Die drei Gebiete umfassen beinahe die gleiche Fläche Land wie elf zuvor als Brachland deklarierte Flächen und sind unter landwirtschaftlichen Gesichtspunkten am wertvollsten. Die Palmölfirma Aportes San Isidro S.A. hat seit 2008 ausschliesslich auf diesen Parzellen Palmen angepflanzt, was erklärt, warum der Konflikt zwischen den Bauern und der Firma vorwiegend auf diesem Gebiet ausgetragen wird.

Ende September hat das INCODER elf der 14 Parzellen der Finca Las Pavas als brachliegend deklariert. Brachland gehört dem Staat und darf per Gesetz ausschliesslich an Bauern zur Nutzung übertragen, aber nicht verkauft werden. Zwei Wochen später wies das höchste staatliche Gericht eine Klage der Palmölfirma Aportes San Isidro S.A. gegen das Urteil T-267 vom 8. April 2011 ab. Nach diesem Urteil haben die Bauern des Verbandes ASOCAB (Asociación de Campesinos de Buenos Aires) das Recht, das Gebiet von Las Pavas zu bewirtschaften und dürfen nicht von dort vertrieben werden, bis das INCODER entschieden hat, ob die Landtitel an die Bauern übertragen oder dem aktuellen Besitzer belassen werden.

Mit der erneuten Inspektion des INCODER soll der Nachweis erbracht werden, dass der frühere Besitzer Jesús Emilio Escobar diese drei Parzellen im Jahr 1993 verlassen und seither nicht mehr landwirtschaftlich genutzt hat. In einem zweiten Schritt geht es um den Beweis, dass ASOCAB dieses Gebiet während mindestens fünf aufeinanderfolgenden Jahren bis ins Jahr 2006 bewirtschaftet hat.

Das Unternehmen Aportes San Isidro S.A. nahm nicht an der Inspektion des INCODER teil, da es die Behörde als nicht zuständig betrachtet. Die Leitung der Behörde wie auch der kolumbianische Landwirtschaftsminister seien parteiisch, liess die Firma verlauten.

Nach den Fortschritten auf juristischer Ebene ist es für die Bauern nun entscheidend, auf dem Gebiet der Finca zu wohnen, das Land zu bearbeiten und so ihr Territorium zu verteidigen. Allerdings haben die Repressalien von Seiten der Firma in den vergangenen Wochen zugenommen. Ende September wurden Hütten auf dem Gebiet der ehemaligen Finca zerstört. Praktisch jeden Tag werden Bauern von den privaten Sicherheitskräften bedroht. Nach Angaben der Betroffenen löste sich während einer Auseinandersetzung mit einem Bauern ein Schuss, zudem seien Nutztiere vergiftet worden. Die Firma wolle die Bauern offenbar zu einer gewalttätigen Reaktion verleiten, um sie anschließend als Aggressoren oder gar Guerilleros abstempeln zu können, beklagen örtliche Vertreter.

Die Landfrage ist eines der drängendsten sozialen Probleme Kolumbiens. Eine mögliche Landreform steht auch bei den laufenden Friedensverhandlungen zwischen dem kolumbianischen Staat und der Rebellenorganisation FARC in Oslo und Havanna auf der Tagesordnung.