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Korruptionsskandal erschüttert bolivianische Justiz

Fall eines verhafteten US-amerikanischen Investors führt zur Aufdeckung des kriminellen Netzwerkes

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Justizpalast von Santa Cruz de la Sierra
Justizpalast von Santa Cruz de la Sierra

La Paz. In Bolivien ist ein Netz aus Korruption, Betrug und Erpressung aufgedeckt worden, welches mit mafiösen Strukturen bis in die höchsten Spitzen der Politik und des Justizwesens vorgedrungen ist. Dabei soll eine Gruppe aus Richtern, Staatsanwälten und hohen politischen Funktionären mehrere Gerichtsverfahren manipuliert und Unternehmer sowie Politiker um hohe Summen erpresst haben.

Ans Tageslicht gekommen waren die Aktivitäten durch Recherchen eines ehemaligen FBI-Agenten, der im Falle des im Juni vergangenen Jahres inhaftierten US-Amerikaners Jakob Ostreicher ermittelt hatte. Dabei war herausgekommen, dass Ostreicher durch falsche Beschuldigungen ins Gefängnis von Santa Cruz de la Sierra gekommen und monatelang erpresst worden war.

Nun soll ermittelt werden, wie die Bande mit Mitgliedern aus dem Innenministerium und höchsten Justizkreisen so lange Zeit unbemerkt agieren konnte. "Wir werden unsere Arbeit objektiv und transparent gestalten", erklärte dazu Generalstaatsanwalt Ramiro Guerrero. Die Beschuldigten wurden letzte Woche dem Untersuchungsrichter vorgeführt. Sie streiten jedoch bisher alle Anschuldigungen ab.

Bei den Angeklagten soll es sich unter anderem um die Juristen Fernando Rivera Tardío und Dennis Rodas Limachi, ehemalige Angestellte der Staatskanzlei im Regierungsministerium, handeln. Als Kopf der Band wurde Boris Villegas, Anwalt und ehemaliger Fachbereichsleiter im Innenministerium ausgemacht. Dessen letzter Arbeitgeber war ausgerechnet das Ministerium für Korruptionsbekämpfung.

Zeitgleich zu den internen Ermittlungen sind bolivianische Regierungsvertreter mit US-amerikanischen Politikern zusammengetroffen, um im Fall Ostreicher eine Lösung zu finden. Der Geschäftsmann war seit 2008 immer wieder nach Bolivien gekommen, um im Tiefland in Landwirtschaft und Viehzucht zu investieren. Vergangenes Jahr war er dann unter dem Vorwurf der Geldwäsche, betrügerischer Geschäfte und Verbindungen zum Drogenhandel verhaftet worden. Im Zuge dessen wurden auch 20.000 Tonnen Reis, landwirtschaftliche Maschinen und Rinder im Wert von ca. 20 Millionen US-Dollar beschlagnahmt. Das Geld soll unter den Mitgliedern der Bande aufgeteilt und zum Ausbau des kriminellen Netzwerkes genutzt worden sein. In den USA hatte die Geschichte für große Aufmerksamkeit gesorgt, woraufhin der republikanische Kongressabgeordnete Chris Smith und Schauspieler Sean Penn nach Bolivien gereist waren, um vor Ort auf die Lage ihres Landsmanns aufmerksam zu machen.

Der Fall gestaltet sich inzwischen als massiver Image-Schaden der Regierung von Evo Morales in Bolivien, die ihren Wählern "Null Korruption" verspricht. Regierungsminister Carlos Romero versprach nun hartes Durchgreifen, "egal, wer fällt". Als ein Schritt in diese Richtung kann bereits die Verhaftung von Isabelino Gómez in der vergangenen Woche gewertet werden. Dem Oberstaatsanwalt des Departamento Santa Cruz wird vorsätzliche Prozessverschleppung im Ostreicher-Fall vorgeworfen.