Ombudsstelle fordert Eindämmung der Polizeigewalt

Missbrauchsfälle durch Polizei in Kolumbien angestiegen. Jugendliche aus ärmeren Vierteln bevorzugte Opfer

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Der Vater des Polizeiopfers Héctor Martínez
Der Vater des Polizeiopfers Héctor Martínez

Bogotá. Der Ombudsmann der kolumbianischen Stadt Cali, Gilberto Zuleta, hat einen starken Anstieg der Meldungen über Polizeigewalt gegen Bürger beklagt. Einer der jüngsten Gewaltausbrüche der Polizei führte zum Tod des Journalisten Guillermo Quiroz im Bundesstaat Sucre. Als Quiroz über eine Protestkundgebung gegen das multinationale Erdölunternehmen Pacific Rubiales berichten wollte, wurde er von Polizisten festgenommen, geschlagen und aus einem fahrenden Polizeiwagen geworfen. Der Journalist erlag einige Tage später den schweren Verletzungen im Krankenhaus.

Allerdings nehmen die Gewalttaten der Polizei gegen die Zivilbevölkerung nicht nur beim Vorgehen gegen soziale Kämpfe zu. Vor allem Jugendliche in den Armenvierteln der Großstädte werden immer öfter Opfer von schweren Angriffen seitens der Polizei. Dies zeigt unter anderem der Mord am 17-jährigen Clisman Túquerres im Vorort von Cali, La Buitrera. Ein Polizist erschoss ihn, nachdem Túquerres seinem jüngeren Bruder gegen Aggressionen des Beamten zu Hilfe gekommen war.

Einige Monate zuvor hatte ein Polizist den 17-jährigen Héctor Martínez in einem anderen Armenviertel von Cali willkürlich erschossen. Die Polizei habe anschließend den Tatort manipuliert und das Verbrechen als Einsatz gegen ein bewaffnetes Mitglied einer kriminellen Bande aussehen lassen, so der Vater des Opfers.

Vor vier Wochen hätten darüber hinaus drei Polizisten in Soacha, einem armen Stadtteil Bogotas, zwei junge Männer, Fernando Rozo und Miguel Vargas, in einem Polizeifahrzeug grundlos festgehalten, geschlagen und mit glühenden Zigaretten verbrannt. "Sie sagten uns, wir dürften über den Vorfall nicht reden oder wir würden verschwinden", berichtete Rozo danach.

"Die Oberbefehlshaber der Polizei müssen gegen solche Missbräuche einschreiten", sagte der Ombudsmann für Menschenrechte, Jorge Armando Otálora. Allerdings sind auch hohe Polizeioffiziere in die Vertuschung von Verbrechen an Zivilisten verwickelt. So zum Beispiel General Francisco Patiño, der ehemalige Kommandant der Polizei von Bogota, im Zusammenhang mit dem Mord am 16-jährigen Diego Felipe Becerra. Dieser war im August 2011 von einem Polizisten in Bogota erschossen worden, nachdem er und andere Jugendliche künstlerische Graffitis auf öffentliche Gebäude gesprüht hatten. Die Polizei manipulierte den Tatort und benutzte gefälschte Beweise, um Becerra als Täter eines bewaffneten Raubüberfalls und seinen Tod als Folge eines Polizeieinsatzes erscheinen zu lassen.

Im Unterschied zu anderen Fällen gehörte Becerra nicht zu einer benachteiligten Familie. Seine Eltern, Gustavo Trejos und Liliana Lizarazo, bekamen große Unterstützung durch die Medien und konnten die Verantwortung von zwei Polizeioffizieren und zwei Zivilisten für die Vertuschung des Falls nachweisen. Als Folge sitzen diese jetzt im Gefängnis. Es gebe außerdem klare Beweise, dass General Patiño einen der inhaftierten Zeugen überzeugt habe, eine falsche Aussage abzugeben, um den jungen Straßenkünstler zu belasten.

Die Eskalation der Polizeiexzesse gegen Zivilisten sei auf das "Gesetz zur Sicherheit für die Bürger" (Ley de seguridad ciudadana) zurückzuführen, das die Regierung von Präsident Juan Manuel Santos im Juni 2011 in Kraft setzen ließ. Tausende von Jugendlichen sind seitdem in Gefahr, Opfer der Polizei zu werden, weil sie Graffitis sprühen, Drogen konsumieren oder arm sind, berichtete die Stiftung Pandi.