International

Ende für Venezuela-Sozialticket

Neue konservative Regierung Londons beendet Kooperation mit Caracas. Vergünstigungen im Nahverkehr werden ersatzlos gestrichen

London. Die Linke in der Stadt an der Themse hatte es schon befürchtet: Drei Wochen nach seinem Wahlsieg hat der konservative Bürgermeister der britischen Hauptstadt, Boris Johnson, am Sonntag ein Kooperationsabkommen mit Venezuela gekündigt. Der Pakt hatte London günstigen Treibstoff für den Personennahverkehr garantiert. Zehntausende bedürftige Londonern konnten so Bus und Bahn zum halben Preis nutzen. Als Gegenleistung für die 20prozentigen Abschläge auf Treibstoff erhielt Caracas Beratung in der Städteplanung durch britische Experten. Das dafür in der venezolanischen Hauptstadt geschaffene Büro werde nun wieder geschlossen, kündigte Johnson bei der Bekanntgabe der Entscheidung am Sonntag an.

Vielen Londonern sei es "unangenehm, dass der Busverkehr in einer weltweiten Finanzhochburg von Bürgern eines Landes bezahlt wird, in dem viele in extremer Armut leben", begründete der konservative Politiker seine Entscheidung. Es gebe "bessere Wege", um der britischen Hauptstadt und Venezuela zu helfen. Beispiele nannte er nicht.

Sein sozialdemokratischer Vorgänger Ken Livingstone kritisierte die Entscheidung: "Der Beschluss zeigt, dass Johnson mehr daran interessiert ist, seine rechten ideologischen Ziele zu verfolgen, als den Lebensstandard der am stärksten benachteiligten Menschen in London zu verbessern", sagte Livingstone. Bereits kurz nach dem Wahlsieg des Konservativen hatte sich die Nichtregierungsorganisation Venezuela-Informationszentrum in London besorgt über die Zukunft des Vertrages gezeigt: "Sie können sicher sein, dass es eine der ersten Amtshandlungen des neuen Bürgermeisters sein wird, das Kooperationsabkommen zwischen London und Venezuela zu lösen", wird ein Mitarbeiter der Organisation auf der Internetseite amerika21.de zitiert.

Damit ist das Sozialticket nach nur einem Jahr Geschichte: Die Vergünstigungen stehen den Londonern demnach nur noch bis 20. August zur Verfügung. Dann läuft das Kooperationsabkommen aus. Die Vereinbarung mit Venezuela war im Februar vergangenen Jahres von Livingstone unterzeichnet worden und hatte einen Umfang von mehreren Millionen Pfund. Zuletzt hatten von dem Abkommen rund 80000 Bedürftige profitiert, hieß es aus dem Livingstone-Büro.


Den Originaltext des Artikels in der Tageszeitung junge Welt finden Sie hier.