Mexiko

Opfer werden zu Tätern gemacht

Nach tödlichem Angriff auf Menschenrechtsaktivisten in Mexiko startet Regionalregierung eine rassistische Kampagne

Oaxaca. Weltweit wurde mit Entsetzen auf einen tödlichen Angriff von regierungsnahen Milizen gegen eine Delegation internationaler Menschenrechtsbeobachter im Süden Mexikos reagiert. Milizionäre hatten am 27. April mit Schnellfeuerwaffen eine Menschenrechtskarawane angegriffen, ein finnischer Beobachter und eine mexikanische Aktivistin starben im Kugelhagel.

Die Europäische Union erklärte indes ihre Sorge über die Verschlechterung der Menschenrechtssituation und vier UNO-Sonderbotschafter nannten die in völliger Straffreiheit und in offener Kollaboration mit den Behörden agierenden bewaffneten Milizen beim Namen: Es handele sich um Paramilitärs.

Nun setzt die Regierung des Gouverneurs Ulises Ruiz im südmexikanischen Bundesstaat Oaxaca zu einem weiteren - diesmal politischen - Angriff auf die ausländische Präsenz an. Evencio Martínez Ramírez, ehemals Ombudsmann für Menschenrechte, dann Polizeichef und heute Innenminister des Bundesstaates, erklärte, dass die ausländischen Menschenrechtsbeobachter den "sozialen Frieden" Oaxacas störten. Die Migrationsbehörde sei deswegen aufgefordert, Maßnahmen gegen die Aktivisten zu ergreifen.

So werden erneut die Opfer von Menschenrechtsverletzungen zu Tätern gemacht. Das ist nicht neu: 2001 starb Digna Ochoa, eine mutige Anwältin, die sich laut Behörden trotz Kampfspuren im Büro und weiteren Beweisen eines Mordes mit zwei Schüssen selbst getötet haben soll. Ein weiteres Beispiel ist der US-Indymedia-Aktivist Brad Will, der seine Mörder, Auftragskiller im Namen der Regierung, auf den Barrikaden des Aufstandes in Oaxaca von 2006 selber filmte. Nach zweijähriger Untätigkeit nahmen die Behörden ungeachtet dieser Beweise einen Aktivisten des Protestbündnisses APPO fest. Er wurde nach einem langwierigen Prozess erst im Februar 2010 wieder freigelassen.

Die seit Tagen andauernde ausländerfeindliche Kampagne der Regierung Ruiz findet mitten in einem von Gewaltakten überschatteten Wahlkampf statt. Am 4. Juli werden Bürgermeisterämter, Parlament und Gouverneursamt neu bestimmt. Die Partei der Institutionellen Revolution (PRI), seit 80 Jahren an der Regierung, muss fürchten, die Macht zu verlieren.