Venezuela / Politik

Überprüfung der Wahlen in Venezuela angelaufen

Verbliebene 46 Prozent der Wahlurnen werden nachgeprüft. Opposition verweigert Teilnahme und reicht Klage vor dem Obersten Gerichtshof ein

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Die verbliebenen 46 Prozent der Wahlurnen werden mit den Ergebnissen der Wahlcomputer abgeglichen
Die verbliebenen 46 Prozent der Wahlurnen werden mit den Ergebnissen der Wahlcomputer abgeglichen

Caracas. Der venezolanische Wahlrat (CNE) hat am Montag mit der Überprüfung des Wahlergebnisses der Präsidentschaftswahlen am 14. April begonnen. In dem Verfahren werden 46 Prozent der Wahlurnen mit den Ergebnissen der elektronischen Wahlcomputer abgeglichen. Die restlichen 54 Prozent wurden bereits am Wahltag überprüft. Der CNE hatte sich auf das Verfahren eingelassen, nachdem der Kandidat des Oppositionsbündnisses "Tisch der Demokratischen Einheit" (MUD), Henrique Capriles Radonski, eine Anerkennung des knappen Wahlsiegs des Sozialisten Nicolás Maduro verweigert und eine Überprüfung gefordert hatte. Der Nachfolger des verstorbenen Ex-Präsidenten Hugo Chávez hat mit nur knapp 225.000 Stimmen bzw. 1,5 Prozentpunkten Vorsprung die Wahlen genommen.

Nachdem sich der Wahlrat und die beiden politischen Lager auf die Überprüfung (Auditoría) geeinigt hatten, stellte Capriles jedoch weitere Forderungen. Er verlangte, dass auch die Wahllisten mit den Fingerabdrücken und Unterschriften der Wähler in den Prozess einbezogen würden. Dies lehnte der Wahlrat jedoch als "undurchführbar" ab, weil dies "außerhalb der gesetzlichen Ordnung" liege. Die Präsidentin des CNE, Tibisay Lucena, begründete dies damit, dass keine stichhaltigen Beweise vorgelegt worden seien, die auf einen Wahlbetrug schließen lassen könnten. Auch habe keiner der zehntausenden Zeugen und Wahltischmitarbeiter der Opposition am Wahltag Unregelmäßigkeiten beklagt.

Wegen der Ablehnung der erneuten Ausweitung nimmt der MUD nun nicht an der Überprüfung teil, die wegen ihm durchgeführt wird. Neben den 60 Mitarbeitern des Wahlrats und 21 "externen Prüfern" sind aber jeweils sechs Vertreter des Regierungslagers sowie der beiden ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Reina Sequera und Eusebio Méndez anwesend.

Henrique Capriles hingegen hat am 2. Mai die Wahlen vor dem Obersten Gerichtshof (TSJ) angefochten. Ziel der Klage des Politikers der rechtgerichteten Partei Primero Justicia (PJ) ist die Annullierung der Wahlen. In einem 155 Seiten umfassenden Text wiederholen die Anwälte die Vorwürfe, die Capriles bislang in den Medien vorgetragen hatte. Unter anderem wird als Argument angeführt, dass Nicolás Maduro in vielen Wahllokalen mehr Stimmen erhalten habe, als sein Vorgänger bei den Wahlen im Oktober. Drei Wahllokale, in denen die Zahl der Wähler Maduros um 943530 und 493 Prozent gestiegen sind, dienen als Beispiel. Nicht erwähnt wird jedoch, dass die Zahl der Wähler in diesen Lokalen sehr gering ist und ein Anstieg der absoluten Zahlen deshalb einen besonders starken prozentualen Effekt hat. Ebenso wenig kommt vor, dass auch die Stimmen für Capriles in den selben Wahllokalen um 200, 971 und 329 Prozent gestiegen sind. Die Entwicklung in verschiedenen Regionen entspreche im Vergleich zu zurückliegenden Wahlen keinem "statistisch normalen Verhalten".

Angeblich seien in mehr als 1.000 Wahllokalen Fälle beobachtet worden, bei denen Wähler bei der Stimmabgabe begleitet wurden (voto asistido) und in 743 Wahllokalen seien die Zeugen der Opposition gewaltsam an ihrer Arbeit gehindert worden. Die Staatsanwaltschaft hatte hingegen nach der Wahl von lediglich fünf Fällen des "voto asistido" gesprochen und beim CNE ist nach offiziellen Angaben  keine einzige Beschwerde der Zeugen eingegangen.

Neu in der Anklageschrift ist hingegen, dass sie sich in weiten Teilen auf die Zeit vor der Wahl bezieht und der Regierung vorwirft, öffentliche Mittel und Ämter für den Wahlkampf missbraucht zu haben. Auch der CNE wird kritisiert, weil er nicht auf die einseitige Berichterstattung der staatlichen Medien reagiert habe. Die parteinahme privater Medien wird nicht erwähnt.

Der Oberste Gerichtshof wird nun über die Klage beraten. Medienberichten zufolge wird das Urteil frühestens in vier Monaten erwartet.