Kolumbien plant Freilassung von 65 Paramilitärs

paras_1.jpeg

Angehörige der sogenannten Vereinigten Selbstverteidigungsgruppen Kolumbiens (AUC)
Angehörige der sogenannten Vereinigten Selbstverteidigungsgruppen Kolumbiens (AUC)

Bogotá. In den kommenden Monaten sollen rund 65 ehemalige Anführer von paramilitärischen Einheiten, denen schwerste Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden, nach acht Jahren Haft wieder auf freien Fuß kommen. Dies kündigte die kolumbianische Justizministerin, Ruth Estella Correa, bei einer Pressekonferenz am vergangenen Mittwoch nach einem Treffen mit der Nationalen Strafverfolgungseinheit für Gerechtigkeit und Frieden an. Diese Spezialbehörde der Generalstaatsanwaltschaft wurde 2005 auf der Basis des Gesetzes für Gerechtigkeit und Frieden gegründet. Ihre Aufgabe ist es, die Wiedereingliederung ehemaliger Paramilitärs, die in den 1997 gegründeten sogenannten Vereinigten Selbstverteidigungsgruppen Kolumbiens (AUC) aktiv waren, in das Zivilleben sicher zu stellen. Zudem ermöglicht das darin etablierte Untergesetz 975 Strafnachlass bei einer Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden.

Die Justizministerin betonte, dass es keine "massiven Freilassungen" geben werde, sondern dass "jeder Richter jeden Fall nach Verbüßung der ersten acht Jahre Gefängnis individuell prüfen und verifizieren wird, ob die nötigen Voraussetzungen auch tatsächlich erfüllt wurden, die das Amnestiegesetz vorsieht." In der Liste der möglichen Freilassungen finden sich bekannte ehemalige Anführer der Paramilitärs. Nach Angaben der Justizministerin will die Regierung mit diesem Schritt demonstrieren, dass sie zu den ausgehandelten Vereinbarungen steht: "Diese Regierung engagiert sich für den Frieden und achtet auf die Einhaltung der bisher erreichten Kompromisse."

Die anstehenden Freilassungen stoßen bei den Hinterbliebenen der Opfer paramilitärischer Gewalt auf Unverständnis. Allein seit 1997 wurden laut einer offiziellen Untersuchung der kolumbianischen Generalstaatsanwaltschaft 173.183 Morde durch die Paramilitärs verübt. Neben diesen Morden werden die Paramilitärs in dem Bericht auch für das Verschwindenlassen von 34.467 Personen verantwortlich gemacht, ebenso für die Entführung von 3.527 Personen und für die Vergewaltigung von 677 Frauen. Die Informationen der Generalstaatsanwaltschaft zeigten zudem die enge Zusammenarbeit zwischen der AUC und der Politik auf. Durch die Aussagen von ehemaligen AUC-Mitgliedern konnten die Verbindungen der Organisation zu 429 Politikern, 381 hochrangigen Mitgliedern der staatlichen Sicherheitskräfte sowie zu 155 Zivilbeamten nachgewiesen werden. Zeugenaussagen der demobilisierten Paramilitärs erlaubten auch das Auffinden und die Exhumierung von 3.036 Massengräbern.

Opfervereinigungen haben angesichts dieser Fakten bereits Proteste gegen mögliche vorzeitige Freilassungen von Paramilitärs angekündigt.