Chile / Politik

Kommunisten in Chile unterstützen Bachelet

Wahlbündnis "Neue Mehrheit" will chilenische Verfassung ändern. Christdemokraten sehen "Rückfall in die Zeiten der Unidad Popular"

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Guillermo Teillier, Vorsitzender der Kommunistischen Partei Chiles, am Rande der 1. Mai-Kundgebung 2012
Guillermo Teillier, Vorsitzender der Kommunistischen Partei Chiles, am Rande der 1. Mai-Kundgebung 2012

Santiago de Chile. Die kommunistische Partei Chiles (KPC) wird bei den Vorwahlen für die im November bevorstehenden Präsidentschaftswahlen

die Sozialdemokratin Michelle Bachelet unterstützen. Dies gab der Vorsitzende der Partei, Guillermo Teillier, am Montag in Santiago de Chile bekannt. Bachelet, die das Land erstmals von 2006 bis 2010 regierte, tritt bei diesen Wahlen als unabhängige Kandidatin an. Vor der KPC hatten bereits die Partei für die Demokratie (PPD) und die Partei "Breite Soziale Bewegung" (MAS) ihre Unterstützung für die ehemalige Präsidentin angekündigt. Unmittelbar nach dem Treffen zwischen Bachelet und der KPC erklärte auch die Partei "Bürgerschaftliche Linke" (IC) ihren Beitritt zu dem Wahlbündnis mit dem Namen "Neue Mehrheit" (Nueva Mayoría).

Damit wird Michelle Bachelet bei den Vorwahlen am 30. Juni gegen den Kandidaten ihres ehemals engsten Verbündeten, den Christdemokraten Claudio Orrego, mit Unterstützung eines Linksbündnisses antreten. Umso deutlicher fiel die Kritik aus den Reihen der Christdemokraten aus. Deren Abgeordneter Jorge Sabag bezeichnete den Schritt Bachelets als "Rückfall in die Zeiten der Unidad Popular". Mit dieser Allianz gehe der zentrale Inhalt des Mitte-Rechts-Bündnisses Concertación verloren, so Sabag. Das bisherige Selbstverständnis der Wahlallianz beinhalte Respekt vor dem Privateigentum und dem Unternehmertum. Zudem würden Abgeordnete der KPC ihre Unterstützung für Bachelet an die Durchführung einer verfassunggebenden Versammlung knüpfen, was nach Ansicht des Christdemokraten eine extremistische Position darstellt und die Zukunft der Concertación aufs Spiel setze.

Dass die KPC mit der Unterstützung der Ex-Präsidentin einen deutlichen Bruch mit dem bestehenden politischen System verbindet, betonte die Sprecherin des kommunistischen Jugendverbandes, Karol Cariola. "Wir wollen keine fünfte Concertación-Regierung", so Cariola. Die kommunistische Partei wolle politische Veränderungen vorantreiben, welche Chile dringend benötige. "Wir reihen uns nicht in ein Projekt der vergangenen 20 Jahre ein, das auf dem von der Diktatur aufgezwungenen Modell basiert. Das wollen wir ändern." Auch Guillermo Teillier hatte darauf verwiesen, dass Michelle Bachelet die Absicht habe, eine Verfassungsänderung durchzusetzen. Verändert werden müsse vor allem das binominale Wahlsystem. Aber auch eine grundlegende Reform des heftig bekämpften privaten Bildungssystems sei lange überfällig.

Für die Concertación in ihrer bisherigen Form wird gerade eine mögliche Änderung des eigenwilligen chilenischen Wahlsystems gravierende Folgen haben. Die Regelung, dass in jedem Wahlkreis nur die beiden erfolgreichsten Kandidaten einen Sitz im Parlament erreichen, zementiert ein Zwei-Lager-System. In den vergangenen 23 Jahren wurde das Parlament fast ausschließlich von Pinochet-Anhängern und Vertretern des Mitte-Rechts-Bündnisses besetzt, da dieses System die Hürde für eine dritte politische Kraft außerordentlich hoch setzt. Allerdings sehen sich sowohl das Rechtsbündnis des amtierenden Präsidenten Sebastián Piñera als auch die Concertación seit vier Jahren ständig schwindenden Zustimmungswerten ausgesetzt.

Bei den Kommunalwahlen im November 2012 hatten sich zwei sozialdemokratische Parteien aus der Concertación bereits mit der kommunistischen Partei zur Wahlallianz "Für ein gerechtes Chile" zusammengeschlossen. Das Linksbündnis gewann 62 Gemeinden, weitere zehn Rathäuser gingen an die Progressive Partei des Concertación-Dissidenten Marco Enríquez-Ominami und die MAS. Damit hatte sich in Chile erstmals in der jüngeren Vergangenheit ein breites politisches Potential links neben der Concertación gezeigt.

Dass neben den beiden etablierten politischen Bündnissen viel Platz für eine neue politische Kraft besteht, bestätigen die aktuellen Meinungsumfragen. Die rechte Regierungskoalition erhielt im April nur noch die Zustimmung von 24 Prozent der Bevölkerung, die Concertación wurde immerhin von 26 Prozent der Chilenen unterstützt. Damit lagen die Zustimmungswerte des oppositionellen Mitte-Rechts-Bündnisses erstmals in der der Amtszeit von Sebastián Piñera vor dem Regierungslager. Die Hälfte der Bevölkerung bewertet jedoch keines der beiden dominierenden Lager als positiv.