SPD für EU-Abkommen mit Zentralamerika

Sozialdemokraten ermöglichen erneut neoliberales Abkommen mit Lateinamerika. Dissens in eigenen Reihen. NGOs: Nicht glaubwürdig

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Demonstranten, hier in Honduras, warnen vor der erneuten Kolonialisierung Mittelamerikas
Demonstranten, hier in Honduras, warnen vor der erneuten Kolonialisierung Mittelamerikas

Berlin. Am 7. Juni hat der Bundesrat in letzter Lesung mit knapper Mehrheit das Assoziierungsabkommen der EU mit den Ländern Zentralamerikas angenommen. Nachdem bei der Abstimmung im Bundestag

am 25. April die drei Oppositionsfraktionen geschlossen gegen das Abkommen gestimmt hatten, bestand wie schon bei der Abstimmung über das Freihandelsabkommen mit Peru und Kolumbien die Möglichkeit, dass das Abkommen im rot-grün dominierten Bundesrat durchfallen könnte.

26 Nichtregierungsorganisationen hatten sich zuvor in einem offenen Brief an die Mitglieder des Bundesrats gewandt. Ihre Kernaussage: "Die unterzeichnenden Organisationen sind der Überzeugung, dass das dem Bundesrat vorliegende Assoziierungsabkommen einer grundlegenden und insbesondere menschenrechtlichen Überarbeitung bedarf und der Bundesrat diesem in der Form, wie es nun vorliegt, nicht zustimmen sollte."

In den Wochen vor der Bundesratsabstimmung fand ein intensiver Meinungsbildungsprozess statt, bei dem rasch klar wurde, dass der Riss mitten durch die SPD ging. Die sieben Länder mit rot-grünen beziehungsweise rot-roten Koalitionen legten sich auch diesmal auf Nichtzustimmung fest, überwiegend gegen den Wunsch der SPD. Üblich nach den Koalitionsverträgen auf Länderebene ist eine Enthaltung im Bundesrat, wenn man sich nicht einig ist. Im Falle dieses Abkommen, bei dem zur Ratifizierung eine absolute Mehrheit erforderlich ist, war Enthaltung aber gleichbedeutend mit Ablehnung, weil es eben keine Zustimmung ist.

Das von der SPD allein regierte Hamburg hatte sich frühzeitig auf Zustimmung festgelegt, und damit lag das Schicksal des Abkommens in den Händen der fünf Länder mit Großen Koalitionen. Hätte die SPD auch nur in einem einzigen Land eine Enthaltung vom Koalitionspartner CDU verlangt, wäre das umstrittene Abkommen durchgefallen. Noch beim Kolumbien-Peru-Abkommen einen Monat früher war das aussichtslos. Lange sah es diesmal so aus, als würden Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern tatsächlich nicht zustimmen. Einen Tag vor der Stimmabgabe legten sich beide Länder doch noch auf Zustimmung fest – nicht etwa auf massiven Druck des Koalitionspartners CDU, sondern auf Druck von SPD-Staatskanzleien aus dem Westen.

Damit stimmte die SPD im Bundesrat auch diesmal wieder lieber mit der Bundesregierung als mit der eigenen Bundestagsfraktion – außer wenn sie von den Koalitionspartnern Grüne oder Linke daran gehindert wurde.

Gleichzeitig hat der Bundesrat mit den Stimmen von Ländern mit SPD- und grüner Regierungsbeteiligung einen dreiseitigen Entschließungsantrag beschlossen, in dem er auflistet, was an dem Abkommen schlecht ist – und weshalb die Opposition das Abkommen im Bundestag abgelehnt hatte. Darin steht u.a.: "Der Bundesrat weist daher erneut darauf hin, dass es bei Freihandels- und Assoziierungsabkommen der EU mit Drittstaaten dringend notwendig ist, nicht nur die detaillierten Vereinbarungen zu Handel, Dienstleistungen und Investitionen, sondern gerade auch die Bestimmungen in Bezug auf Menschenrechts-, Arbeitsrechts- und Umweltfragen mit einem effektiven und klar definierten Streitbeilegungs- und Klärungsverfahren zu bewehren."

In einer Pressemitteilung kommentierten Nichtregierungsorganisationen: "Eine Politik, die schwere Defizite beim Schutz der Menschenrechte, Arbeitsrechte, Umweltrechte zwar erkennt und kritisiert, aber dann doch abnickt, ist nicht glaubwürdig."

Jürgen Maier ist Geschäftsführer des Forums Umwelt & Entwicklung