Angriffswelle der Paramilitärs in Kolumbien

Paramilitärs und Unternehmer gehen gegen legitime Landbesitzer vor. Morde und Massenvertreibungen im Nordwesten Kolumbiens

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Kolumbianische Paramilitärs
Kolumbianische Paramilitärs

Quibdó/Cúcuta, Kolumbien. Die Todesdrohungen von Paramilitärs gegen Kleinbauern, die ihr Land zurück fordern, sind vergangene Woche in den Gemeindebezirken Pedeguita, Mansilla und Curbaradó im Bundesstaat Chocó massiv angestiegen. Die Einschüchterungsaktionen nahmen zu, nachdem vertriebene Familien sich auf einem Grundstück ihrer kollektiven Ländereien versammelt hatten, um Bauten des dortigen illegitimen Besitzers Ex-Oberst Felipe Molano zu zerstören.

"Der legitime Besitzer dieser Ländereien war mein Vater, Juan de Dios Lince Villegas", erklärte Andrés Lince. Er war von diesem Ackerland vertrieben worden, nachdem die Paramilitärs im Jahr 1997 seinen Vater und einen weiteren Verwandten enthauptet hatten. Ex-Oberst Molano, Mitglied des Vereins der pensionierten Militärangehörigen ACORE und Onkel des in die USA ausgelieferten Drogenhändlers Hugo Bernal Molano, bemächtigte sich des Grundstücks und verwandelte es in einen Viehhaltungsbetrieb.

Molano gehört zu einer Reihe von Unternehmern der Region, die das kolumbianische Institut für ländliche Entwicklung INCODER zu "widerrechtlichen Besitzern" erklärt hat und laut Beschluss des Verfassungsgerichtshofs von 2012 müssten die Ländereien geräumt werden. Trotzdem haben die Behörden bisher nichts dafür unternommen. Der Aufsichtsbeamte, der von der Regierung mit den entsprechenden Räumungen beauftragt wurde, sei seit acht Monaten vollständig inaktiv, während die Agrarunternehmer ihre ökonomischen Aktivitäten weiterhin konsolidierten, so die ökumenische Kommission "Gerechtigkeit und Frieden". Die besetzten Ländereien würden stattdessen von Paramilitärs kontrolliert, die sich als Zivilisten gekleidet mit kurzen Waffen darin frei bewegten und Mitglieder der Gemeinden bedrängten.

Allerdings ist diese Zone nicht der einzige Gemeindebezirk, in dem in den letzten Wochen eine Einschüchterungswelle gestartet wurde. Die paramilitärische Gruppe Autodefensas Gaitanistas AUG hat im August in San José de Apartadó vier Kleinbauern getötet. Einer von ihnen wurde erwürgt.

In der vergangenen Woche sind im Nordwesten Kolumbiens zwei junge Angehörige der Bauernorganisation von Catatumbo ASCAMCAT verschleppt worden, die an den großen Agrarstreiks dieses Jahres teilgenommen haben. Sie gelten seitdem als verschwunden. Auch an der Grenze zu Venezuela bekommen die Einwohner die Gewalt der Paramilitärs zu spüren. Im Juli und August haben paramilitärische Mafiastrukturen, die tief in den Drogenhandel und andere illegale Geschäfte verwickelt sind, vier Massaker in der Stadt Cúcuta begangen.

Die Morde an Zivilisten sind in dem nahe Cúcuta liegenden Verwaltungsbezirk Palmarito seit August ebenso enorm gestiegen. Die Landbewohner versichern, dass es in dem Ort 40 stark bewaffnete Männer gibt, informiert Prensa Rural. Sie trügen Langwaffen, Maschinengewehre, Maschinenpistolen der Marke Uzi und Pistolen mit Schalldämpfern. Die Männer sollen von Tür zu Tür gegangen sein, um die Einwohner aus dem Dorf zu vertreiben. Ende September sind etwa 600 Menschen aus Palmito nach Cúcuta vertrieben worden. In der Region sind die paramilitärischen Gruppen Los Urabeños und Los Rastrojos als Kontrollmacht tätig und handeln nach Aussagen der Anwohner mit Unterstützung der lokalen Behörden.