Feier des "Kolumbus-Tages" sorgt in Lateinamerika für Empörung

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Bildnis Simón Bolívars
Bildnis Simón Bolívars

Caracas. Während Spanien den "Kolumbus-Tag"  weiterhin als nationalen Feiertag begeht, sind lateinamerikanische Länder entschiedener darin geworden, die Selbstverleugnung durch Mitfeiern als "Kolumbus-Tag" oder "Tag der Hispanität" abzulegen. Vermehrt wird dieser Tag genutzt, um der eigenen lateinamerikanischen Erfahrung und Geschichte Ausdruck zu verleihen.

Venezuela hat den 12. Oktober seit dem Jahr 2002 in den Tag des indigenen Widerstands umgewidmet. In Bolivien steht das Datum als "Tag der Entkolonialisierung" im offiziellen Kalender, in Argentinien als "Tag des Respektes vor der kulturellen Verschiedenheit", in Ecuador als "Tag der Interkulturalität" und in Chile als "Tag der Entdeckung der zwei Welten". Der kubanische offizielle Kalender räumt diesem Datum schließlich gar keine Bedeutung ein.

Dieses Jahr erhöhte sich die öffentliche Aufmerksamkeit in Lateinamerika zusätzlich, weil sich zum 500. Mal die Ereignisse jährten, die wenige Jahre nach der Landung von Christoph Kolumbus auf dem amerikanischen Kontinent die eigentliche und systematische Kolonisierung einläuteten. Außerdem jährte sich zum 200. Mal die Proklamation des venezolanischen Nationalhelden Simón Bolívar zum "Libertador", zum Befreier des Landes.

Der Präsident Venezuelas, Nicolás Maduro, zeigte sich bei einem öffentlichen Gedenkakt "empört und beleidigt", dass Spanien einen Nationalfeiertag begeht, der für den Beginn eines "Holocaust an der indigenen Bevölkerung Amerikas" stehe. Spanien und Europa müssten anfangen, diese Geschichte zu reflektieren. Man dürfe die Massakrierung von Hunderttausenden "unserer Großväter und Großmütter" nicht feiern. Maduro nannte bei dieser Gelegenheit Zahlen aus der historischen Forschung: Bereits 50 Jahre nach der Ankunft von Kolumbus lebten nur noch etwa 3 Millionen der zuvor 70 bis 90 Millionen zählenden indigenen Bevölkerung in den von den Invasionen getroffenen Gebieten.

In Spanien wird der 12. Oktober traditionell als Nationalfeiertag mit einer Militärparade unter Beteiligung der königlichen Familie und höchster Mitglieder der politischen Führung des Staates begangen. Allerdings gibt es ebenso Sektoren des öffentlichen und politischen Lebens, die diese Tradition kritisieren. Als Beispiel zitieren internationale Medien dieses Jahr eine Stellungnahme der Führung der Linken der baskischen Provinz Navarra. Diese prangert im krisengeschüttelten Spanien die "militärische Zurschaustellung mit überflüssigen Kosten" und die vorgebliche Christianisierung eines Kontinents an, die lediglich der "Völkermord an der indigenen Bevölkerung" gewesen sei.