Brasilien / Wirtschaft / Umwelt

Gericht stoppt erneut Staudammbau Belo Monte

Bundesgericht sieht Umweltauflagen nicht erfüllt. Staatsbank BNDES darf an Betreiberkonsortium vorerst keine Kreditmittel mehr freigeben

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Bau des Belo Monte Staudamm
Errichtung des Kofferdamms für den Staudamm Belo Monte im Xingu-Fluss.

Brasília. Die Bauarbeiten am umstrittenen Belo-Monte-Staudamm im nordbrasilianischen Bundesstaat Pará sind erneut durch einen Gerichtsbeschluss gestoppt worden. Der zuständige Richter am Bundesgerichtshof für die 1. Region in Brasília entschied am Freitag, dass die Bauarbeiten mit sofortiger Wirkung gestoppt werden müssten. Im Falle von Zuwiderhandlungen drohe dem Baukonsortium eine Strafe von 500.000 Reais pro Tag (umgerechnet 165.370 Euro), schreibt der Richter Antonio Souza Prudente in den im Internet veröffentlichten Gerichtsbeschluss (Download als PDF).

Der Richter erklärte zudem die bestehende vorläufige Umweltgenehmigung der Bundesumweltbehörde Ibama für ausgesetzt, bis der jetzige Gerichtsbeschluss letztinstanzlich entschieden sei. Zudem wurde der staatseigenen Bank für wirtschaftliche und soziale Entwicklung (BNDES) bis auf Weiteres untersagt, dem Betreiberkonsortium Norte Energia jedwede Kreditmittel zur Verfügung zu stellen. Diese Anordnung gelte solange, bis die von der Umweltbehörde Ibama 2011 geforderten 40 Auflagen zum Schutz von Mensch und Natur erfüllt seien, so der Richter. BNDES finanziert den Bau von Belo Monte mit 22 Milliarden Reais (umgerechnet 7,27 Milliarden Euro) zinsvergünstigten Krediten.

Erst im August 2012 hatte dieser Bundesgerichtshof wegen der nach Ansicht des Gerichts nicht erfolgten freien, informierten und vorherigen Konsultation der vom Staudammbau betroffenen indigenen Bevölkerung einen Baustopp erklärt. Er war jedoch nach wenigen Wochen durch den damaligen Vorsitzenden des Obersten Gerichtshofs in Brasília, Minister Carlos Ayres Britto, wieder aufgehoben worden. Eine letztinstanzliche Entscheidung des Obersten Gerichtshofs steht auch in dieser Frage noch aus.

Belo Monte soll das drittgrößte Wasserkraftwerk der Welt werden. Über 20.000 Menschen sind von Vertreibungen betroffen. Kritiker sehen Umweltzerstörung, Artenverlust, Menschenrechtsverletzungen und die Ausbreitung von Armut und Krankheiten als weitere Folgen des Projekts. Für den Stausee wird Regenwald geflutet und große Mengen von Treibhausgasen werden freigesetzt. Indigene Fischergemeinschaften sind durch den Verlust ihrer Nahrungsquelle und Transportwege bedroht. Auch tausende Anwohner der Großstadt Altamira werden ihre Häuser räumen müssen.

Belo Monte wird von dem brasilianischen Konsortium Norte Energia gebaut. An dem Projekt sind auch eine Reihe europäischer Konzerne beteiligt. Während Daimler die LKW für das Bauprojekt liefert, ist das Familienunternehmen Voith über das Joint-Venture mit Siemens, Voith Hydro, Teil des europäischen Konsortiums, das die elektromechanische Ausrüstung für den Belo-Monte-Staudamm liefern wird. Allein das Auftragsvolumen für Voith Hydro liegt bei rund 443 Millionen Euro. Die französische Alstom ist ebenso wie die österreichische Andritz AG Teil dieses Konsortiums. Die Münchener Rück hat 25 Prozent der Rückversicherung an Belo Monte übernommen und erhält dafür rund 40 Millionen Reais (über 13 Millionen Euro) an Prämien über einen Zeitraum von vier Jahren. Die deutsche Allianz hat fünf Prozent der Bausumme des Staudamms Belo Monte versichert und erhält dafür ebenfalls Prämien.