Gewaltsames Vorgehen gegen Vertriebene in Cúcuta

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Zwangsräumung in Kolumbien
Zwangsräumung in Kolumbien

Cúcuta. Sondereinheiten der kolumbianischen Polizei zur Aufstandsbekämpfung (ESMAD) haben gewaltsam Gemeinden von Vertriebenen geräumt, die sich am Autobahnring um die nordkolumbianische Stadt nahe der Grenze zu Venezuela niedergelassen haben.

Die ESMAD-Einheiten wurden bei der Operation von bewaffneten Zivilisten unterstützt und gingen nach Angaben von Menschenrechtsanwälten bei der Räumung äusserst brutal vor: Sie riegelten den Zugang zu den Flüchtlingsgemeinden ab und zerstörten die Behausungen der mehr als 600 vertriebenen Familien, die seit zwei Jahren in der nahen Umgebung von Cúcuta lebten; sie schlugen auf Zivilisten ein und nahmen dabei weder Rücksicht auf die Traumatisierung der Flüchtlingsfamilien durch bereits erlittenene Gewalttaten in ihren Heimatregionen, noch auf die anwesenden Menschenrechtsanwälte - unter ihnen die mehrfach international ausgezeichnete Judith Maldonado. Wie die Menschenrechtsanwälte weiter berichten, sind sowohl Kinder, Frauen, Alte und Schwangere gleichermaßen gewaltsam angegriffen und die Anwältin Judith Maldonado beim Versuch, die Vertriebenen zu schützen, zu Boden gestossen und von Polizeikräften mitgerissen worden.

Zwar hatte das Verfassungsericht bereits im vergangenen April die Gemeinde Cúcuta in einem Urteil dazu aufgefordert, die Räumung zu verschieben, bis die Flüchtlingsfamilien in den Wohnungsbauplan für Vertriebene integriert sind und auch den dort siedelnden Familien den Rechtstitel zukommen zu lassen. Trotzdem hat der Bürgermeister von Cúcuta, Donamaris Ramírez París, nun am Morgen des 21. November im Beisein des Besitzers des betreffenden Grundstückes und dessen Anwalt ohne vorherige Ankündigung die Räumung veranlasst. Die kolumbianische Tageszeitung "La Opinion" sprach von der rechtmäßigen Erfüllung des Räumungsauftrages durch den Bürgermeister.

Wegen der Missachtung des Urteils des Obersten Gerichts, der Verletzung der Menschenrechte und des Grundrechtes auf würdiges Wohnen der von Vertreibung Betroffenen haben die Menschenrechtsanwälte bei nationalen und internationalen Instanzen eine Beschwerde eingereicht. Darunter befinden sich Hilfsorganisationen wie Brot für die Welt, Misereor und Peace Brigades International sowie die deutsche Botschaft. Die Anwälte kündigten außerdem an, dass sie eine Strafanzeige gegen die verantwortlichen Staatsfunktionäre stellen werden.