Hungerstreikende in Paraguay bleiben in Haft

Hausarrest abgelehnt. Paraguayische Justiz weiter auf Konfrontationskurs. Hungerstreikende sind in lebensbedrohlichem Zustand

compas_huelga_de_hambre.jpg

Die fünf Hungerstreikenden
Die fünf Hungerstreikenden

Asunción. Seit mehr als 55 Tagen befinden sich die fünf paraguayischen Staatsbürger Rubén Villalba, Adalberto Castro, Felipe Benítez

, Néstor Castro und Arnaldo Quintana im Hungerstreik. Sie werden des versuchten Mordes, Bildung einer kriminellen Vereinung und unberechtigter Landbesitznahme beschuldigt. Die Anklage beruht auf dem Massaker von Curuguaty vom 15.Juni 2012, bei dem elf Kleinbauern und sechs Polizisten ihr Leben verloren und infolgedessen der demokratisch gewählte linksgerichtete Präsident Fernando Lugo mittels eines parlamentarischen Staatsstreiches seines Amtes enthoben wurde.

Villalba und seine Mitangeklagten weigern sich vor Gericht zu erscheinen, bevor nicht die Landfrage bezüglich Marina Kue, auf dem das Massaker geschah, geklärt ist. Dieses Gebiet, auf dem die Kleinbauern und Landlosen seit Jahren leben, wird von der Familie des inzwischen verstorbenen Abgeordneten der rechtsgerichteten Colorado-Partei, Blas Riquelme, als ihr Eigentum beansprucht, obwohl sie dafür keinen Landtitel besitzen. Während der Stroessner-Diktatur (1954-1989) wurden großzügig Ländereien an parteitreue Genossen verschenkt.

Am 15.Juni 2012 beauftragte Riquelme die Polizei, das Landstück Marina Kue zu räumen. Obwohl Menschenrechtsaktivisten dem ermittelnden Staatsanwalt, Jalil Rachid, inzwischen vielfältige Beweise für die Unschuld der Inhaftierten präsentiert haben, hält dieser an der alleinigen Schuld der Kleinbauern und Landlosen fest.

Am vergangenen Wochenende wurden die Hungerstreikenden entgegen ihrem Willen in ein Militärkrankenhaus verlegt. Der leitende Arzt, Isaías Fretes, verwies auf die Gefahr, der sie in dieser Situation ausgesetzt sind: Durch die geschwächte Konstitution der Gefangenen und zahlreiche Keime im Krankenhaus bestehe eine akute Lebensgefahr.

Inzwischen erhalten die Gefangenen zunehmend Unterstützung aus weiten Bevölkerungsteilen. Vor wenigen Tagen besuchte sie zum wiederholten Mal Ex-Präsident Lugo gemeinsam mit Abgeordneten der linksgerichteten Frente Guasú und sicherte ihnen Unterstützung zu. Am vergangenen Dienstag riefen kirchliche Organisationen zu einem Mahngebet mit anschließendem Marsch zum Militärkrankenhaus auf, in dem die Beschuldigten festgehalten werden. Auch die bekannte kolumbianische Aktivistin für Frieden und Menschenrechte, Piedad Córdoba, traf sich Anfang der Woche mit den Angehörigen der Inhaftierten und nahm an der nächtlichen Mahnwache vor dem Militärhospital teil.

Das zuständige Berufungsgericht wies indes am vergangenen Mittwoch die Forderung nach Hausarrest für die Angeklagten mit der Begründung zurück, dass sie sich nicht in lebensbedrohlichem Zustand befänden. Die zahlreich vor dem Gerichtsgebäude versammelten Menschen reagierten mit Rufen wie "Du Feigling und Mörder Rachid, an deinen Händen klebt Blut" auf das Urteil. Die Senatorin Esperanza Martínez sagte gegenüber der Tageszeitung Ultima Hora, dass es in Paraguay keine Menschenrechte gebe: "Während sich die Drogenbosse in Freiheit befinden, sitzen die Menschen, die um ein Stück Land kämpfen, im Gefängnis."