Agrarstreik in Kolumbien ausgesetzt

Keine weiteren Aktionen seit dem 9. Mai. Erfolgreiche Verhandlungen zwischen Regierung und Protestierenden. Strukturelle Probleme auf dem Land

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Aktivistinnen beim Agrarstreik
Aktivistinnen beim Agrarstreik

Bogotá. In Kolumbien wurde ein erneuter "Agrarstreik" von Landarbeitern und Bewohnern ländlicher Regionen nach Verhandlungserfolgen mit der Regierung von Präsident Juan Manuel Santos vorerst ausgesetzt. Seit dem 28. April waren bis zu 120.000 Menschen auf den Straßen, um Druck auf die Regierung in Bogotá aufzubauen. Vor allem die  Kleinbauernfamilien, Indigene und afrokolumbianische Bewohner leiden unter den strukturellen Problemen in den ländlichen Regionen des Landes, unter dem bewaffneten Konflikt und den letzten Agrarreformen. Diese Gruppen sowie Minenarbeiter, Fischer und Studierende haben die Proteste für grundlegende Veränderungen über zwei Wochen hinweg aufrechterhalten. Seit dem 9. Mai sind die Aktionen nun ausgesetzt.

In Bogotá war es bereits am 28. April zu ersten Auseinandersetzungen an der staatlichen Universität gekommen. An mehr als 80 Orten des Landes fanden Demonstrationen und Protestcamps statt. Es wurden Straßen blockiert und in 16 Bundesstaaten wurde zum Streik in der Agrarbranche aufgerufen. Während die Proteste in den nördlichen Regionen und Huila bereits am 28. April begannen, stiegen die Bundesländer Cauca und Valle erst am 3. Mai in den Streik ein. Die Familien der Kaffeebauern im Süden beschlossen, zunächst ihre Ernten einzuholen, um die Aktionen dann zu unterstützen. Die Bauern sind von Kaffeepreisen abhängig und hatten bei den Protesten im letzten Jahr eine komplette Ernte verloren. Sie sahen sich laut eines Sprechers nicht in der Lage, einen weiteren Ausfall zu kompensieren. In mehreren Protestcamps an den Hauptstraßen und der Panamericana kam es in vielen Bundesländern immer wieder zu Blockaden.

Hinter diesen Protesten steht das Netzwerk "Agrargipfel", das sich nach den massiven Protesten und Streiks im August 2013 gegründet hatte. Verschiedene Organisationen versuchen über diese Allianz mit eigenen Vertretern in Verhandlungen mit der Regierung zu treten. In dem Bündnis beteiligen sich erstmals gemeinsam die beiden landesweiten linken Organisationen Patriotischer Marsch und Kongress der Völker. Außerdem sind auch der größte linke Bauernverband CNA und studentische Gruppen beteiligt. Neu daran ist der Versuch, die politischen Kämpfe in der Stadt mit denen der Landwirte zu verbinden. Diese neue Beziehung zwischen sonst eher konkurrierenden Gruppen sowie der Stadt- und Landbewegung wird von vielen Beteiligten als großer Erfolg des Netzwerks gewertet. In einem Kommuniqué der beteiligten Gruppen vom 10. Mai wird der erzielte Verhandlungserfolg eben dieser Einigkeit der verschiedenen Bewegungen zugeschrieben.

Während allerdings der Patriotische Marsch zunächst nur sehr zurückhaltend mobilisierte, um die Verhandlungen in Havanna nicht zu gefährden, sieht ein großer Teil der Protestierenden sich von den FARC in Havanna nicht vertreten. "Dort verhandeln zwei bewaffnete Gruppen über ihren Frieden, das hat das mit unseren sozialen Problemen nichts zu tun", sagt ein Sprecher der Bauern im Protestcamp in Tuluá.