Konfliktopfer sprechen mit FARC und Regierung

UN-Vertreter: "Weltweit einmaliger Vorgang". Opfer betonen Wichtigkeit des Treffens und aufrichtige Reue der FARC

colombia_opfer1.jpg

Vertreter der Opfer am Verhandlungstisch der Friedensgespräche zwischen FARC und kolumbianischer Regierung
Vertreter der Opfer am Verhandlungstisch der Friedensgespräche zwischen FARC und kolumbianischer Regierung

Havanna/Bogotá. Im Rahmen der Friedensgespräche zwischen der FARC-Guerilla und der kolumbianischen Regierung sind erstmals auch Opfer des Konfliktes angehört worden.

Eine erste Delegation von 12 Betroffenen war dafür am vergangenen Samstag nach Havanna gereist, um Zeugnis abzulegen. Begleitet wurden sie von Vertretern der Nationalen Universität Kolumbiens, der Vereinten Nationen sowie der katholischen Bischofskonferenz. Diese Organisationen zeichneten auch verantwortlich für die Auswahl der Opfervertreter.

Für die erste Gruppe wurden fünf Opfer der FARC, vier Opfer staatlicher Gewalt, zwei Opfer von Paramilitärs sowie ein Opfer aller drei Gruppen benannt. Davon sind acht Frauen und vier Männer aus acht kolumbianischen Provinzen und verschiedenen sozialen und ethnischen Kontexten. In den kommenden Wochen sollen noch fünf weitere Delegationen nach Havanna fliegen.

Der UN-Vertreter in Kolumbien, Fabrizio Hochschild, betonte die Einzigartigkeit dieser Anhörung. "Es gibt weltweit keinen Vorgang, bei dem so etwas bisher durchgeführt wurde", so Hochschild während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit den Opfervertretern.

Auch die Betroffenen selbst zogen ein positives Fazit des Treffens mit den Verhandlungsdelegationen der FARC und der kolumbianischen Regierung.

María Eugenia Cruz, die im Jahr 2004 gewaltsam aus Cartagena vertrieben worden war, erläuterte im Rahmen der Pressekonferenz, wie das Treffen mit den FARC-Vertretern in Havanna sie mit Optimismus für den weiteren Friedensprozess erfüllte: "Sie lauschten jeder Aussage mit sehr viel Respekt und man konnte an ihren Gesichtszügen bemerken, dass sie sehr bewegt waren von unseren Worten und Tränen des Schmerzes. Zudem zeigten sie sich sehr engagiert und offen für unsere Vorschläge."

"Es war das Wichtigste in meinem ganzen Leben", betonte Constanza Turbay, deren Familienangehörige von der FARC-Guerilla ermordet worden waren. "Fünfzehn Minuten hatte ich Zeit, um am Verhandlungstisch von meinen Erlebnissen zu berichten. Iván Márquez bat mich daraufhin um Vergebung, nicht rein automatisch, es kam von Herzen", sagte Turbay über den Verhandlungsführer der FARC.

In einem gemeinsamen Kommuniqué betonten die Opfervertreter zudem die Wichtigkeit, den vor zwei Jahren begonnen Friedensprozess fortzusetzen. "Mit den Friedensgesprächen wurde der richtige Weg eingeschlagen und deswegen senden wir diese Botschaft der Hoffnung an diejenigen, die nicht an diesen Prozess glauben." Das Kommuniqué schließt mit der Aufforderung an beide Verhandlungsseiten, den historische Moment zu nutzen und den über fünf Jahrzehnte währenden Konflikt zu beenden.

Nach Angaben des Zentrums für Vergangenheitsbewältigung in Kolumbien (Centro de Memoria Histórica de Colombia) haben die Auseinandersetzungen zwischen Guerilla-Gruppen, Paramilitärs und staatlichen Kräften seit 1964 zirka 6,5 Millionen Opfer gefordert. Über fünf Millionen Menschen sind im Verlauf des Konfliktes vertrieben und 220.000 getötet worden. 25.000 Personen gelten als verschwunden, 27.000 wurden entführt.