Kandidatin Silva in Brasilien lässt Homorechte fallen

Marina Silva streicht Forderungen zum Schutz sexueller Minderheiten aus Programm. Herausforderin von Rousseff gehört reaktionärer Pfingstkirche an

Brasília. In Brasilien sorgt die Präsidentschaftskandidatin der linksliberalen Partei PSB, Marina Silva, zunehmend für Diskussionen. Am Dienstag gab der Sprecher der Partei für die Rechte von Homosexuellen, Luciano Freitas, seinen Rücktritt aus dem Wahlkampfteam bekannt. Grund für seine Entscheidung ist die Rücknahme von Zusagen, welche Marina Silva in einem am Freitag vorgestellten Regierungsprogramm gemacht hatte.

Darin hatte die 56-jährige ihre Unterstützung für die Zivilehe zwischen Homosexuellen und das Adaptionsrechts für Schwule und Lesben zugesichert. Auch verteidigte die ehemalige Umweltministerin die Gesetzesinitiative 122, die Homophobie im gleichen Maße bestraft wie Rassismus.

Keine 23 Stunden nach der Veröffentlichung zog Silva das Programm jedoch zurück und nannte es einen "Fehler". In einer neuen Version sind alle wesentlichen Punkte in Bezug auf die Gleichbehandlungen von Homosexuellen verändert oder gestrichen.

Luciano Freitas geht davon aus, dass die Präsidentschaftskandidatin von konservativen und evangelikalen Gruppen unter Druck gesetzt wurde. Insbesondere der Pastor Silas Malafaia hatte die Herausforderin der amtierenden Präsidentin Dilma Rousseff öffentlich angegriffen. Marina Silva ist selbst Mitglied der US-amerikanischen Pfingstkirche Assembly of God, die Homosexualität als Sünde betrachtet und sich radikal gegen Schwangerschaftsabbrüche jeder Art positioniert. Bereits in der Vergangenheit war die Präsidentschaftskandidatin durch widersprüchliche Positionen zum Thema Homosexualität negativ aufgefallen.

Jean Wyllys, Abgeordneter der linken Oppositionspartei PSOL, kritisierte Silvas Rückzieher scharf. "Sie hat mit der Hoffnung von Millionen von Menschen gespielt", schrieb der 40-jährige Politiker und Aktivist für sexuelle Freiheitsrechte auf seiner Facebook-Seite. Auch Präsidentin Dilma Rousseff kritisierte Silvas Verhalten und forderte am Montag in einem TV-Duell einen stärkeren Schutz für Schwule und Lesben: "Wir müssen Homophobie stärker juristisch ahnden."

Aktivisten bemängeln jedoch auch die Politik der amtierenden Präsidentin in Bezug auf die Rechte von sexuellen Minderheiten. Im Wahlkampf 2010 hatte Rousseff lediglich eingetragene Lebenspartnerschaften unterstützt. Im aktuellen Wahlkampf schwieg die 67-jährige zur vollständigen Gleichstellung von Eheschließungen unter Angehörigen von sexuelle Minderheiten. Auch Dilma Rousseff hatte sich während ihrer Amtszeit wiederholt dem Druck von evangelikalen Parteien gebeugt und beispielsweise das Programm "Schule ohne Homophobie" gestoppt.