Geteiltes Echo auf Reformen in Venezuela

Unternehmerverbände begrüßen Kabinettsumbildung. Opposition kritisiert Maßnahmen der Regierung

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Der ehemalige Erdölminister und neue Außenminister Rafael Ramírez
Der ehemalige Erdölminister und neue Außenminister Rafael Ramírez

Caracas. Eine am Dienstag bekanntgegebene Umbildung und Reform der Regierung in Venezuela hat sehr unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Der größte Unternehmerverband und die Handelskammer des Landes begrüßten die Maßnahmen gegenüber venezolanischen Medien. Kritik kam hingegen aus den Reihen der Opposition.

Am Dienstagabend (Ortszeit) hatte Präsident Nicolás Maduro eine Reihe von Veränderungen bekanntgegeben, die in den vorangehenden Wochen immer wieder angekündigt worden waren. Doch während Viele konkrete Maßnahmen gegen die anhaltende wirtschaftliche Krise des Landes erwarteten, bezogen sich die Maßnahmen im Wesentlichen auf die Struktur der Regierung. So fusionierte Maduro in drei Fällen Ministerien und tauschte eine Reihe von Ministern aus. Darüber hinaus rief er fünf strategische Linien aus, die sich in der Struktur der Regierung wiederfinden: So genannte Vizepräsidentschaften sollen diese Bereich koordinieren und die zuständigen Ministerien gruppieren. Darüber hinaus sollen die basisdemokratischen Strukturen – Nachbarschaftsräte und Kommunen – durch Präsidialräte in die bundesweite Regierungspolitik einbezogen werden.

Fünf neue Gesichter finden sich seitdem im Kabinett wieder, während in acht Ministerien eine "Rochade" durchgeführt wurde. Die vermutlich wichtigste Änderung dabei: Rafael Ramírez, der mehr als ein Jahrzehnt das Erdölministerium und den staatlichen Erdölkonzern PDVSA geleitet hatte und zuletzt auch als Vizepräsident für ökonomische Fragen Maßnahmen gegen die Krise vorbereitete, verlor diese Ämter und wurde stattdessen zum Außenminister ernannt. Sein Amtsvorgänger Elías Jaua wiederum übernimmt das Ministerium für die Kommunen, das einen Kernbereich des chavistischen Projekts betrifft, und die Vizepräsidentschaft zum Aufbau des "territorialen Sozialismus'".

Die Veränderungen seien eine "implizite Anerkennung", dass es Probleme gebe, kommentierte der Vorsitzende des Unternehmerverbandes Fedecámaras, Jorge Roig, die Rede Maduros. Nun gebe es "neue Spieler", man wisse aber noch nicht, ob sich auch die Spielregeln änderten. Explizit positiv bezog sich Roig auf das Ausscheiden von Rafael Ramírez. An seiner Stelle übernimmt nun mit Asdrúbal Chávez ein Cousin des verstorbenen Präsidenten Hugo Chávez das Erdölministerium, während mit Eulogio del Pino einer von Ramírez' Vertrauensleuten die Leitung von PDVSA weiterführt. Roig begrüßte, dass sich nun eine Person um den "politischen Teil" kümmere und sich "jemand anderes darum kümmert, Erdöl zu produzieren". Das ehemalige Vorstandsmitglied Del Pino habe die Fähigkeiten hierzu.

Auch der Vorsitzende der Handelskammer (Consecomercio), Mauricio Tancredi, äußerte sich positiv zur Regierungsumbildung. Es sei günstig, ein neues "wirtschaftspolitisches Team" zu haben, sagte Tancredi. Die Regierung habe außerdem anerkannt, dass die durch staatliche Kontrollen festgesetzten Preise vieler Produkte angepasst werden müssten. Explizit begrüßte er die Ernennung des bisherigen Finanzministers Marcos Torres zum Vizepräsidenten für die Wirtschaft.

Weniger positiv fielen hingegen die Reaktionen bei der Opposition aus. Der ehemalige Präsidentschaftskandidat des Oppositionsbündnisses "Tisch der Demokratischen Einheit" (MUD), Henrique Capriles Radonski, kritisierte die Veränderungen als eine "Lüge". "Es ist mehr von demselben, dieselben Gesichter, die nur die Stühle wechseln", sagte Capriles. Maduro habe keinen Ausweg aus der Krise aufgezeigt, das "Modell" sei gescheitert. Auch Julio Borges, der für die Capriles-Partei Primero Justicia (PJ) Mitglied der Nationalversammlung ist, warf der Regierung vor, keinen Plan zu haben und "unfähig" zu sein "ernsthafte Entscheidungen" zu fällen. Der Bürgermeister von Groß-Caracas, Antonio Ledezma, nannte die Ansprache Maduros einen "Betrug" und Ismaél León von der Partei des inhaftierten Leopoldo López kritisierte, dass Maduro lediglich "interne Problem" lösen wolle.

Auch der der Opposition nahestehende Chef des privaten Umfrageinstituts Datanálisis, Luis Vicente León, sieht wenig Positives an den Entscheidungen Maduros. In einem Debattenbeitrag kritisierte er, dass es sich vielmehr um "Nicht-Ankündigen" gehandelt habe, die wenig Veränderung brächten. Die Nominierung von Elías Jaua zum thematischen Vizepräsidenten deute auf eine Stärkung einer Strömung hin, die "sozialistischer und radikaler" sei, als die Mehrheit der Minister. Gleichzeitig würde im wirtschaftspolitischen Bereich die Rolle der Militärs in der Regierung gestärkt.

Völlig anders bewertete hingegen der tendenziell der Regierung nahestehende Chefredakteur der Tageszeitung Últimas Noticias, Eleazar Díaz Rangel, die Lage. Seiner Meinung nach handelt es sich um den "radikalsten und neuesten Wandel" in der Spitze der Regierung seit langer Zeit. Zwar habe es schon häufig Veränderungen gegeben. Diesmal bedeutete die Aufwertung der Vizepräsidenten jedoch einen Schritt in Richtung einer "kollektiven Führung".