Chile / Politik / Wirtschaft

Chiles Senat verabschiedet Steuerreform

Wichtigste Abgabenreform seit der Rückkehr zur Demokratie: Regierung will in Bildung investieren, Opposition sieht Wirtschaftswachstum gefährdet

michellebachelet.jpg

Michelle Bachelet nach ihrem Wahlsieg am 15. Dezember
Geld für die öffentliche Bildung: Chiles Präsidentin Michelle Bachelet, hier nach ihrem Wahlsieg am 15. Dezember 2013, lässt Worten Taten folgen

Santiago de Chile. Mit breiter parteiübergreifender Zustimmung hat Chiles Senat in den vergangenen Tagen eine weitreichende Umgestaltung des Steuersystems beschlossen. Der im März dieses Jahres bereits im Kongress, dem Unterhaus des Parlaments, eingebrachte, mehrstufige Plan für eine solche Steuerreform soll dem Staatshaushalt ab 2018 zusätzliche jährliche Einnahmen in Höhe von umgerechnet rund 8 Milliarden US-Dollar einbringen.

Die sozialdemokratische Präsidentin Chiles Michelle Bachelet kündigte an, dass mehr als die Hälfte der Mehreinnahmen in das Bildungswesen investiert werden soll. Die unentgeltliche Schulbildung sowie ein Verbot hoher Profite im privaten Bildungssektor hätten politische Priorität.

Die Reform soll vor allem kleinere und mittelständige Unternehmen steuerlich entlasten und der Wirtschaft Investitionsanreize bieten. Dazu einigten sich die Regierung und die Opposition auf zwei Abgabenmodelle. Unternehmen leisten entweder höhere Abgaben und bekommen dafür Steuervergünstigungen für Reinvestitionen, oder sie zahlen insgesamt einen niedrigeren Satz. Für Großunternehmen hingegen wird die Gewerbesteuer von 20 auf bis zu 27 Prozent angehoben.

Wesentlich ist auch die Abschaffung des sogenannten Fondo de Utilidades Tributarias (FUT). Der Steuervergünstigungsfonds erlaubte es Unternehmern bislang, ausschließlich ihre Gewinne zu besteuern, reinvestierte Einnahmen blieben abgabenfrei. Für das Wegfallen der Vergünstigung, die während der Militärdiktatur (1973-1990) eingeführt worden war, steht die Regierung von seiten der Unternehmerverbände in der Kritik.

Kritische Stimmen kamen auch aus der konservativen Opposition. So sagte Felipe Larrain, ehemaliger Finanzminister der Vorregierung, das Anheben der Gewerbesteuersätze schaffe ein schlechteres Investitionsklima und gefährde das Wirtschaftswachstum im Land. Mit einem Anteil der Gewerbe- und Einkommenssteuern von 7,5 Prozent am Bruttoinlandsprodukt liegt Chile klar unter dem Durchschnitt von 11,3 Prozent innerhalb der OECD-Mitgliedsländer.   

Politische Kommentatoren Chiles, wie der Journalist Roberto Saa, schätzen die Novelle als wichtigste Strukturreform des Steuersystems seit der Rückkehr Chiles zur Demokratie ein. Das Land müsse sich anderen modernen Demokratien in der Welt annähern und die Bedingungen für nachhaltiges Wachstum und Entwicklung schaffen.

Mit der Steuerreform und der geplanten Reinvestition in die Umstrukturierung des Bildungssystems würde die Regierung des Mitte-links-Bündnisses „Neue Mehrheit“ (Nueva Mayoria - NM) gleich zwei Bereiche ihres vor knapp einem Jahr abgesteckten politischen Kurses abdecken. In ihrem Programm steht auch eine Reform der Verfassung Chiles.