Irreguläre Aktiengeschäfte an Börse in Argentinien

Zentralbankchef tritt wegen Verdachts auf Insiderhandel zurück. Ermittlungen gegen Fondsspekulanten wegen Menschenrechtsverletzungen

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Die Börse in Buenos Aires, Argentinien
Die Börse in Buenos Aires, Argentinien

Buenos Aires. In Argentinien sorgt ein neuer Finanzskandal für Aufregung, nachdem die Steuerbehörde AFIP des Landes irreguläre Aktiengeschäfte festgestellt hat. Die Auffälligkeiten kamen bei Untersuchungen im Rahmen der verstärkten Währungsmarktkontrollen durch die Regierung von Präsidentin Cristina Fernández ans Tageslicht. Die Staatsführung versucht mit diesen Maßnahmen, eine zunehmende Kapitalflucht und Geldwäsche zu verhindern. Wie die französische Nachrichtenagentur AFP berichtete, sollen Aktiengeschäfte in Höhe von 180 Millionen US-Dollar seitens der geprüften Unternehmen für Anlangen verzeichnet worden sein, die an der Börse nicht notiert waren.

Präsidentin Fernández sagte dazu: „Wirtschafts- und Finanzgruppen mit Unterstützung ausländischer Interessen versuchen das Land zu destabilisieren“. Die Regierung sieht sich indes auch mit medialen Angriffen seitens der sogenannten Geierfonds konfrontiert, die die vermeintlich brüchige Finanzpolitik kritisieren.

Das Ergebnis der verschärften Börsenkontrollen wurde zeitgleich zum Wertverfall verschiedener Aktienindices veröffentlicht. Auch liegt die Differenz des offiziellen Dollarwechselkurses gegenüber dem Preis des US-Dollars auf dem Schwarzmarkt bei rund 80 Prozent. Die Kluft ergibt sich zum Teil daraus, dass die steigende Inflation und die erhöhte Nachfrage der Bevölkerung den US-Dollar-Preis steigen lassen. Jedoch hält die Regierung an den restriktiven Devisenkontrollen fest.

Bereits vor etwa einem Monat wurde seitens gewichtiger Agrarexporteure daher die Forderung nach einer Abwertung des Pesos laut. Die Getreideunternehmen rechnen aufgrund der tendenziell zunehmenden Geldentwertung mit einem Verlustgeschäft beim Export der diesjährigen Ernten und halten diese bislang zurück. Die Regierung dementierte jedoch eine aktive Abwertung und rief die Firmen des Exportsektors zum Verkauf auf.

Einen Tag nach Bekanntwerden der fragwürdigen Geschäfte trat der Präsident der Zentralbank BCRA, Juan Carlos Fábrega, zurück. Er soll Informationen für den Devisenhandel weitergegeben haben. Sein Amt übernimmt Enrique Vanoli, der aktuelle Vorsitzende der argentinischen Börsenaufsicht CNV.

Die Regierung hatte 2011 den Ankauf von Devisen erstmals eingeschränkt, um die Kapitalfluch zu bremsen. Damals waren die nationalen Reserven wegen der enormen Nachfrage der argentinischen Bevölkerung um rund 28 Prozent geschrumpft. Der Wert der fehlenden Devisen lag nah an den Angaben aus dem Jahr 2008 während der internationalen Finanzkrise, als das argentinische Finanzsystem stark mit Kapitalflucht zu kämpften hatte.

Die angespannte Lage am Währungsmarkt trifft Argentinien inmitten der laufenden Versuche, eine sogenannte technische Staatspleite abzuwenden. Einige internationale Kommentatoren kritisieren in diesem Zusammenhang, die Regierung in Buenos Aires würde die Rückzahlung ihrer Auslandsschulden umgehen. Auch der US-Amerikanische Bezirksrichter Thomas Griesa, der mit einem Rechtsstreit zwischen dem argentinischen Staat und US-amerikanischen Hedgefonds betraut ist, kündigte Sanktionen wegen der Umschuldungspolitik an.

Jetzt erhielt Argentinien Rückenwind vom ehemaligen UN-Sonderbotschafter und Schweizer Soziologen Jean Ziegler. In einem Interview mit der Onlineausgabe der argentinischen Tageszeitung Página12 bezeichnete er spekulative Fonds als Kriminelle innerhalb der Bankenwirtschaft. Sie  stünden darüber hinaus im Zusammenhang mit dem internationalen Finanzkapital und seien keine eigenständig agierenden Akteure.

Ziegler steht dem UN-Menschenrechtsausschuss vor, der die Aktivitäten von Finanzspekulanten und Hedgefonds im Hinblick auf Menschenrechtsverletzungen untersuchen soll.  Der Rat der Vereinten Nationen hatte Ende September eine Ermittlung angeordnet. Ziegler hob hervor, dass die Forderungen derartiger Finanzfonds sich immer negativ auf die ökonomischen, sozialen und kulturellen Menschenrechte der Bevölkerungen auswirkten.