Nicaragua / Wirtschaft / Umwelt

Lob und Protest begleiten Kanalbau in Nicaragua

Feierliche Eröffnung von Protesten überschattet. Regierung betont Vorteile für Bevölkerung. Chinesisches Konsortium leitet Mega-Projekt

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Verlauf des Interozeanischen Kanals durch Nicaragua
Verlauf des Interozeanischen Kanals durch Nicaragua

Managua. Der Bau des Nicaraguakanals wurde Anfang dieser Woche mit einer öffentlichen Veranstaltung der Regierung Nicaraguas in der südlichen Provinz Rivas begonnen. Zeitgleich zu der festlichen Einweihung lieferten sich Gegner des Vorhabens heftige Auseinandersetzungen mit der Polizei. Die Umstände des Baubeginns lassen vermuten, dass das Vorhaben die kommenden Jahre für politische Kontroversen sorgen wird.

An der Eröffnungsveranstaltung nahm auch der Präsident des chinesischen Konsortiums HKND, Wang Jing, teil. Nicaraguas Vizepräsident Omar Halleslevens sagte, der Kanal werde nicht nur die Geschichte und die Geografie, sondern auch die Wirtschaft des Landes auf nachhaltige Weise verändern. An einer weiteren Veranstaltung in Managua nahm Präsident Daniel Ortega teil.

Umfragen zufolge spricht sich eine klare Mehrheit der Nicaraguaner für den Bau des Kanals aus. Sie verbinden damit Hoffnungen auf ein besseres Leben, Arbeitsplätze und Entwicklung. Andererseits kam es in den vergangenen Wochen – insbesondere entlang der Kanalroute – immer wieder zu Protesten gegen das Projekt.

Die nicaraguanische Polizei dementierte, dass es bei gewaltsamen Bauernprotesten zu zwei Toten gekommen ist. Sie bestätigte aber die Zahl von 21 Verletzten und 33 Festnahmen in Folge der gewaltsamen Auflösung einer Demonstration. Nach Angaben von Polizeichefin Aminta Granera handelte es sich dabei um eine Blockade der Straße zwischen Managua und San Carlos. Die Aktion habe bereits acht Tage angedauert, weshalb Bewohner der Region die Polizei zum Eingreifen gedrängt hätten. Auch habe es in den Gebieten Tule und Rivas Attentatsdrohungen gegen Tanklaster und eine Treibstoffleitung gegeben. Weiterhin erklärte Granera, dass es sich bei den Verletzten um 15 Polizisten und sechs Zivilisten handele. Einer der Polizisten sei durch einen Lungenschuss in einem kritischen Zustand. Von Seiten der Demonstranten war von 40 verletzten Zivilisten die Rede.

Als die Polizei Tränengas einsetzte habe die Mehrheit der Protestierenden die Straße geräumt, allerdings habe eine Gruppe von etwa 100 Menschen die Polizeistation von Tule in Brand gesetzt und die Polizei mit Macheten, Steinen, Stöcken und Schusswaffen angegriffen. Die Spezialeinheiten der Polizei reagierten demnach mit dem Einsatz von Tränengas und Gummigeschossen. Der Anführer der Proteste in der Region, Danilo Lorío, sagte gegenüber der französischen Nachrichtenagentur AFP, dass er die Körper der Opfer aus der Gemeinde Tule in der Provinz Río San Juan gesehen habe. Der Abgeordnete und Chef der rechtsgerichteten Liberalen Unabhängigen Partei versicherte, dass der Polizeieinsatz darüber hinaus zu vielen Verletzten geführt habe.

Wang Jing dankte dem nicaraguanischen Volk und der sandinistischen Regierung für ihr Vertrauen in das Projekt. Er betonte, dass die Mitglieder von HKND in den vergangenen zwei Jahren gelernt hätten, die Natur in verantwortlicher Weise zu schützen. Zugleich versicherte der chinesische Unternehmer, der Kanal werde den weltweiten Handel zwischen Ost und West stärken.

Der künftige Nicaragua-Kanal wird 278 Kilometer lang, zwischen 230 und 520 Meter breit und rund 30 Meter tief sein. Er wird über eine Strecke von 105 Kilometer durch den Nicaraguasee, das größte Süßwasserreservoir Zentralamerikas, führen. Die Gesamtkosten des Projekts werden auf 50 Milliarden US-Dollar geschätzt. Durch das Projekt sollen unmittelbar 50.000 und in der Phase des Betriebs rund 200.000 Arbeitsplätze entstehen. Zunächst wird am Neu- und Ausbau von Straßen gearbeitet, um die nötigen Transporte von Maschinen und Material für die Bauarbeiten zu ermöglichen.

Paul Oquist, Berater von Präsident Ortega, hob hervor, dass nicaraguanische Firmen und  Arbeiter eine privilegierte Rolle bei der Durchführung des Jahrhundertprojekts einnehmen werden. Er dementierte Berichte verschiedener Journalisten, indigene Gemeinden im Gebiet der Atlantikküste seien nicht zu den geplanten Bauarbeiten und den damit verbundenen sonstigen nötigen Maßnahmen konsultiert wurden. Eines der Hauptziele der nicaraguanischen Regierung sei, eine möglichst große Zahl von Nicaraguanern auf die zukünftige Betätigung in der Infrastruktur, die durch den Bau des Kanals sowie des Wasserkraftwerks Tumarin und der Raffinerie Supremo Sueño de Bolivar entstehen wird, vorzubereiten. Oquist versicherte, dass der Bau des Kanals die Bemühungen der Regierung im Kampf gegen die Armut unterstützen werde.