Asunción. Knapp neun Monate nach seiner Entführung ist der Jugendliche Arlan Fick von der bewaffneten Gruppe "Paraguayische Volksarmee" (Ejército del Pueblo Paraguayo-EPP) freigelassen worden. Der damals 16-Jährige wurde am 2.April bei einer gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen Mitgliedern der EPP und der Polizei auf dem Anwesen der Familie im Verwaltungsbezirk Concepción in ihre Gewalt gebracht. Auch nach der Zahlung des geforderten Lösegelds von 500.000 US-Dollar und einer Nahrungsmittelspende in Höhe von weiteren 50.000 Dollar an die arme Dorfbevölkerung im Umland blieb der deutschstämmige Brasilianer unauffindbar.
Auf einer Pressekonferenz nach seiner Freilassung betonte Arlan Fick, dass er stets korrekt behandelt wurde, ausreichend zu essen und trinken bekam und ihm an seinem 17.Geburtstag ein Kuchen geschenkt wurde. Am Abend des 22.Dezember sei eine Gruppe mit ihm zu einem dreitägigen nächtlichen Marsch aufgebrochen, der mit seiner Freilassung am Abend des ersten Weihnachtsfeiertages nahe seinem Elternhaus endete. Die Entführer beauftragten in einem Schreiben die Familie, am nächsten Tag 100 Weihnachtsgeschenkkörbe an die arme Dorfbevölkerung zu verteilen und warnten den Vater vor weiteren Waldrodungen und dem Versprühen von Pestiziden. Die Familie, die vor vielen Jahren aus Brasilien nach Paraguay übergesiedelt war, baut auf ihrem 140 Hektar großen Anwesen überwiegend Soja an.
Die bewaffnete Gruppierung, die schon mehrere Überfälle und Entführungen, auch mit tödlichem Ausgang, verübte, ist in der Öffentlichkeit umstritten. Während rechte Regierungsvertreter und die Presse von einer terroristischen Organisation sprechen, hat sie in ihrem Hauptaktionsgebiet im Nordosten Paraguays großen Rückhalt in der Bevölkerung. Die Sprecherin der Gruppe, Carmen Villalba, die 2003 verhaftet und wegen Teilnahme an einer Entführung zu 18 Jahren Haft verurteilt wurde, gab an, dass in der Gruppe Mitglieder der früheren marxistischen Partei "Freies Vaterland" und Personen aus den unteren Schichten sowie arme Bauern agieren. Das Ziel der EPP sei der Aufbau einer gerechteren Gesellschaft ohne Unterdrückung und Ausbeutung.
Die für Entführung zuständigen Spezialorgane erklärten nach der Rückkehr des Jugendlichen, dass sie den Aufenthaltsort Arlans und des ebenfalls seit mehreren Monaten entführten Unteroffiziers Edelio Morínigo kannten, aber nicht eingegriffen hätten, um die Sicherheit der Entführten nicht zu gefährden. Dies führte zu einer heftigen öffentlichen Debatte. Mehrere Abgeordnete der rechtsgerichteten Parlamentsparteien warfen der amtierenden Regierung Untätigkeit und fehlende Härte vor. Der Abgeordnete der liberalradikalen Partei George Avalos erklärte, dass die Freilassung allein dem guten Willen der EPP anzurechnen sei und die Regierung keinerlei Verdienst nachweisen könne.
Einen Tag vor der Freilassung Arlans unterzeichnete der Präsident Horacio Cartes ein Gesetz zur Schaffung eines neuen Geheimdienstes mit dem Namen “Sistema Nacional de Inteligencia” (Sinai). Wie aus Regierungskreisen verlautet, soll sich der Dienst hauptsächlich, auch länderübergreifend, mit der EPP und dem organisierten Drogenhandel befassen.